YesForum

Dass ich einmal hier einen Thread über Coldplay eröffnen würde, hätte ich nicht einmal im Traum gedacht. Eröffnet habe ich ihn auch nicht, weil ich die Band gut finde (nämlich eher gar nicht), aber dazu komme ich noch.

Primärer Grund ist das neue Album "Mylo Xyloto", das seit gestern neu auf dem Markt ist. Was ich bisher in anderen Musikforen und auch bei amazon.de lesen konnte, ging meinungstechnisch sehr weit auseinander. Die einen halten die neue Platte für einen Geniestreich, andere wiederum bemängeln zu große Effekthascherei, Melodien ohne Wiedererkennungswert und Anbiederungen an den Mainstream (bei einem Song mischt Rihanna als Duettpartnerin von Chris Martin mit).

Ich persönlich kenne das Album noch nicht, werde da wohl mal bald simfy bemühen. Was ich aber bisher an neuem Material gehört habe, hat mich auch nicht wirklich überzeugt. Das eine ("Every Teardrop Is A Waterfall") war ein Plagiat, worauf sich auch gleich wieder jemand meldete, um die Band zu verklagen, das andere ("Major Minus") etwas, was U2 nicht einmal für B-Seiten-würdig gehalten hätten.
Das sind nur zwei Sachen, weswegen ich die Band eigentlich für ziemlich überschätzt halte. Darüberhinaus haben alle bisherigen vier Alben neben den ziemlich guten Singles immer einen ziemlichen Leerlauf, weswegen ich die CDs auch schon längst verkauft habe. Und sowohl Chris Martin's traniger Gesang (Leo erwähnte es ja schon mal) als auch die Musik meist ohne Ecken und Kanten nervt mich sehr viel mehr, als dass ich mich dafür vollständig erwärmen könnte. Sollte dies auch beim neuen Album wieder der Fall sein, werde ich in diesem Leben wohl kein Coldplay-Fan mehr werden, da würde mir dann vielleicht auch eine Best Of reichen.

Ich habe das neue Album heute Morgen für meine Frau gekauft, die die Band lieber mag als ich, aber reingehört habe ich noch nicht.

Ich muß sagen, daß mir der Gesang bei Coldplay auch auf die Nerven geht, aber die beiden Alben Nr. 2 und 3 fand ich durchaus hörenswert.



Erfolg macht Feinde und vertreibt oft die Fans der Frühphase, das war in der Rockmusik immer schon so - siehe z.B. auch U2 oder Genesis.

Ich habe Coldplay 2005 auf der X&Y-Tour live gesehen und fand sie richtig gut.

Gestern lief das Radio nebenher, was es tagsüber meistens tut und ich hörte den Sprecher den Versuch starten, das neue Coldplay Album beim Namen zu nennen. Da er sich dabei schon die Zunge brach, war meine Aufmerksamkeit geweckt. Viel Nennenswertes habe ich nicht erwartet, doch weit gefehlt, hörte ich den Mann doch sagen, dass das neue Album ein Konzeptalbum sei. Oha, hört hört! Ein Album, dass eine Story über ein Liebespaar beinhaltet, mit allem, was eben zu einem Paar gehört, Höhen und Tiefen etc.
Sollte Coldplay es wirklich schaffen, mich dazu zu bewegen, mir ein ganzes Album von ihnen anzuhören? Sind sie wirklich erwachsen geworden, wagen sich an ein Thema und kratzen am Weltbid? Sollten sie es wirklich versuchen, die ihnen so sonnig gewogenen Hörer mit Elend des Alltages oder gar Härterem zu konfrontieren? Ich begann Hoffnung zu schöpfen.
Es folgten Auschnitte aus etlichen Songs, zu kurz, um objektiv etwas sagen zu können - logisch, ich soll ja kaufen gehen! Und: nein, ich werde nichts Subjektives sagen.
Genug der angespielten Songs, der Mann ergreift erneut das Wort, denn er hatte dem Hörer noch etwas zu verraten, wozu er legitimiert sei: das Album hat ein Happy End! - da war es wieder: willkommen im Mainstream! Wie schnell so ein Funke Hoffnung doch zunichte gemacht ist!
Nein, ich werde mir dieses Album mit Sicherheit nicht kaufen, es gibt förderungswürdigere Bands als Coldplay, die meine Kröten eh nicht mehr nötig haben. Ich werde es mir nicht einmal in seiner gesamten Länge anhören, die abschliessende Aussage des Moderators hat mir gelangt. Einen Wunsch habe ich für die neue Scheibe der Mannen: möge es ein Riesenflopp werden, auf dass sie den Mut finden, ein echtes Konzeptalbum zu erstellen, was den Menschen, die sie erreichen, etwas zu erzählen hat, ohne, dass die dabei gleich wieder in klebrigen Alltagstrott verfallen.
Ich möchte YouAnd I dazu zitieren: Don't Drink From The Mainstream...
Abschliessend möchte ich Fragile für die Anlage dieses Themas danken, ich hätte es nicht gewagt, es anzulegen.

Coldplay - wenig Musik hinter einem riesigen wall of sound. Ich finde die Band langweilig.

@habu Entschuldigung, aber was Du da schreibst, finde ich völligen Unsinn

habu hat geschrieben:Nein, ich werde mir dieses Album mit Sicherheit nicht kaufen, es gibt förderungswürdigere Bands als Coldplay, die meine Kröten eh nicht mehr nötig haben.

Wie lange "darf" ich denn eine Band hören - solange sie unter der Brücke schlafen, ist eine Mitwohnung noch erlaubt, gar ein kleines Eigenheim? Die Qualität eines Albums hat doch nichts damit zu tun, ob die Band damit viel oder wenig Geld verdient.

habu hat geschrieben:Einen Wunsch habe ich für die neue Scheibe der Mannen: möge es ein Riesenflopp werden, auf dass sie den Mut finden, ein echtes Konzeptalbum zu erstellen, was den Menschen, die sie erreichen, etwas zu erzählen hat, ohne, dass die dabei gleich wieder in klebrigen Alltagstrott verfallen.

Auch das kann ja wohl kein Qualitätskriterium sein. Was soll denn ein "richtiges Konzeptalbum" überhaupt sein? Ich habe schon so oft gelesen, das oder das Album sei ein Konzeptwerk, weil irgendeinem Moderator mal wieder nichts besseres dazu einfiel. Warum muß denn Musik etwas erzählen? Es gibt so ungeheuer viel Schrott, gerade im Progbereich - überambitionierte Konzepte statt gutem Songwriting.

Ich urteile über ein Album jedenfalls nicht aufgrund der "abschliessenden Aussage des Moderators", sondern, wenn ich es mir mindestens drei Mal von vorne bis hinten angehört habe.

Wohlgemerkt: alle meine Aussagen beziehen sich nicht auf Coldplay, es gibt meiner Meinung nach dutzende bessere und wahrscheinlich hunderte schlechtere Bands in England. Ich will die Bnad nicht verteidigen, ich kenne das neue Album nicht. Ich finde nur Deinen Post very strange.

DocFederfeld hat geschrieben:Ich finde nur Deinen Post very strange.

"Very strange" ist in diesem Forum sowieso einiges.

BBQ.Master hat geschrieben:

DocFederfeld hat geschrieben:Ich finde nur Deinen Post very strange.

"Very strange" ist in diesem Forum sowieso einiges.

@habu: Nur noch mal zur Ergänzung - mein Beitrag ist nicht böse gemeint, aber Du hast mich einfach zu einem Widerspruch gereizt

Sechs Durchläufe habe ich Mylo Xyloto bislang zugestanden und es ist das gelungenste Album, das Coldplay bislang vorgelegt haben. Kommerziell ist es vielleicht, aber das ist ja kein Qualitätskriterium und ich merke es auch nur an, weil dieser Punkt Coldplay oft zum Vorwurf gemacht wird. Und wenn die Band liest, dass sie alte Fans enttäuscht haben, können sie eine Flasche Schampus öffnen (ich persönlich würde mich aber am Bier halten ), denn damit haben sie sich in der Tat endgültig etabliert. Erste Anspieltips sind Princess of China, Paradise, Charlie Brown und Up With The Birds. Lediglich Don't Let It Break Your Heart ist ein klassischer, aber harmloser Lückenfüller.

DocFederfeld hat geschrieben:Ich habe Coldplay 2005 auf der X&Y-Tour live gesehen und fand sie richtig gut.

Ich hatte mal bei 3sat ein Konzert dieser Tour aus Toronto gesehen, es stimmt, dass die Songs da schon ein wenig an Energie gewannen, allerdings war es auch irgendwie ziemlich steril und Chris Martin ist die ganze Zeit rumgesprungen und -gerannt, dass er beim Singen völlig außer Atem war und daher auch desöfteren mal den Ton nicht traf. Insofern hat's mich nicht völlig überzeugt. Darüberhinaus lese ich auch immer wieder, dass deren Konzerte immer ziemlich kurz sein sollen, auch bei der letzten Tour waren es meist nicht länger als 90 min. Und das ist bei den Preisen und bei mittlerweile fünf Alben doch etwas dürftig, oder?

Na da habe ich mich wohl ein wenig aus dem Fenster gelehnt... war ich gar subjektiv?

Widerspruch muss sein, wo landen wir, wenn wir uns immer alle lieb haben? Doch zurück zu Coldplay und ihrem neuen Output und meinem Statement dazu. Ich muss gestehen, dass die Mannen gestern die Breitseite für mehr als ihre (für mich langweilige) Musik bekommen haben, aber wir sind ja alle nur Menschen.

Mir ist es egal, wie Künstler leben, wie es mir grundsätzlich egal ist, wie irgend jemand lebt, solange es ihm und seinem Umfeld dabei gut geht, sprich, er keine soziale Not leidet. Nicht mehr egal ist es mir, wenn jemand in guten Verhältnissen lebt und das in den Vordergrund stellt. Doch ich schweife ab, geht ja um Coldplay und nicht um Politik und denen will ich sowas nicht unterstellen.

Ich habe nicht gemeint, dass ich mir die Scheibe nicht anhöre, weil ich glaube, dass Coldplay ihre Schäfchen im Trockenen haben. Pink Floyd hat auch alle Schäfchen im Stall und ich habe mir trotzdem eine Menge davon geleistet, nur mal so am Rande. Noch mal nebenbei: bei Floyd kann man sich auch wirklich gut einen Eindruck verschaffen, was ein Konzeptalbum ist. Genug der Boshaftigkeit, ich habe überzogen, das Konzept in Frage zu stellen, es wird sicher eines geben.

Mich ärgert etwas völlig anderes und das ist gestern wohl nicht wirklich zu Tage getreten. Um diese Mannen wird ein Hype gemacht, als käme der Messias um die Ecke. Also stelle auch ich mich in die Reihen des wartenden und erwartenden Volkes und harre der Dinge, die mir Kund getan werden sollen, in dem Glaube, ich könne etwas lernen. Nun hat dieser Marktschreier, der da anpreist, aber kalte Füsse ob der Massen vor seinem Auge bekommen und nimmt den Erwartungsdruck gleich wieder heraus, in dem er vom Ende kündet, bevor ich die Geschichte hörte. Wer sieht sich ein Fussballsspiel an, wenn er das Ergebnis kennt? Wozu kündet er vom Ende der Geschichte vor der Geschichte? Gut, das gilt für den Verkünder, nicht den Messias, möchte man meinen. Doch angemerkt: der Messias wurde im O-Ton mit dem Ende eingespielt, nimmt er also sich selbst den Erwartungsdruck von den Schultern? Warum tut er das? Ist er nicht überzeugt von seiner Kunde? Soviel zur Ankündigung.

Nun zu Coldplay gesamt. In diesem Radiobeitrag wurde mir Folgendes unmissverständlich und unzweideutig verkauft: Es ist ein Konzeptalbum und das erste dieser Art von Coldplay. Suggestiv wurde mir untergeschoben, dass man gerade das Rad erfand. (Mir schwillt schon wieder die Halsschlagader.) Nun weiss ich ja um das Gehabe der Marktwirtschaft und der Superlative, also lass ich von all dem Geredeten mal kräftig ab, doch die Ader will und will nicht abschwellen...
Coldplay ist so sehr in aller Munde, dass sie es nicht nötig haben, ihre Werbung zu toppen, indem sie explizit ein Konzeptalbum ankündigen. Wenn sie sagen, dass sie etwas Neues verzapft haben, sind die Mainstreamsender auf Heavy Rotation damit. Wenn sie also so etwas mitteilen, dann muss es mehr sein, als bei Bands, die wirklich Werbung nötig haben. Wenn es mehr ist, als Einheitsbrei, haben sie es nicht nötig, vom Ende zu erzählen. Also frage ich mich, was sie damit erreichen wollen, denn um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: dieser Beitrag war die Summe der Auszüge aus einem Interview und mich soll der Affe lausen, wenn der in seiner Grundform nicht das war, was die Band sagen wollte.

Weiterhin ärgert mich an dieser ganzen Geschichte, dass man mir verkaufen will, dass Coldplay eine neue, eine tiefere Phase beginnt und das verliert sein bischen Glaubwürdigkeit in jenem Moment, in dem die Spannung entladen wird durch sanftmütige Erklärung eines traumhaften Endes. Mich ärgert diese Unglaubwürdigkeit, die fehlende Ehrlichkeit. Coldplay hat sich bei mir ein Image aufgebaut, dass durch stille Töne eine gewisse demütige Haltung kennzeichnet, sie sind keine Schreihälse, keine Halbstarken. Sollen sie sanfte schöne Musik machen, bis in die Ewigkeit, sollen sie dabei verdienen, bis das Konto platzt, sollen sie dabei enthaltsam leben oder dekadent, das alles interessiert mich nicht. Aber bitte nicht so tun, als wolle man in eine völlig neue Ära eintreten. Wobei das Traurige ist, dass sie einen Marktstatus besitzen, der ihnen Experimente mehr als erlaubt, so man denn nicht am Kommerz klebt...

Weil ich den Mund so voll nahm und nicht beratungsresistent bin, werde ich mir die Scheibe in Gänze anhören und das auch mindestens drei mal, sofern ich sie mir irgendwo leihen kann, denn Schotter gibts dafür nur, wenn sie wirklich eine neue Ära erreicht haben. Villeicht steckt hinter dem ganzen Geschwafel von gestern ja der geniale Versuch, dem Mainstream soviel Geduld nahe zu legen, dass es für Konzeptalben wieder reicht, um damit eine Basis zu schaffen, auf der man durch konzeptionale Werke eine zum Positiven gerichtete Veränderung der Gesellschaft erreichen möchte, wer weiss, wer weiss...