Flaming Row: Elinoire
Die Band:
Martin Schnella (Gitarre, Bass, Keyboards, Mandoline, Banjo, Gesang / Kompositionen, Story, Lyrics)
Kiri Geile(Gesang / Story, Lyrics)
……………………………
Niklas Kahl (Drums, Percussion)
Marek Arnold (Keyboards, Saxofon)

…und viele Gäste
Tracklist:
1. Elinoire's Theme
2. Initiation Fugato
3. Overture
4. First Day
5. Nightingale's Chirp
6. Do You Like Country Grandpa ?
7. Lea's Delivery
8. Elinoire
9. Rage Of Despair
10. Adam's Theme
11. Neglected Garden
12. Time Mirror
13. Watershed
14. Review
15. Unearth The Truth
16. Father's Theme
17. Farewell
18. A Place To Revive Your Soul (I. Confession II. A Broken Man III. Flaming Row IV. On The Run V. A World Of Make Believe)
……
Das Projekt
Wow! Was für ein Projekt hat Martin Schnella da auf die Beine gestellt! Ein Konzeptalbum als Debut, 80 Minuten lang und in einer musikalischen Vielfalt, die Schnella selbst als Rock-, Metal-, Prog-, Folk- Projekt bezeichnet.
Story und Lyrics hat er zusammen mit seiner Steel Protector –Bandkollegin Kiri Geile geschrieben und nein, kein 08/15 Fantasygeschwurbel. Eher eine melodramatische Familien- und Coming of Age-Geschichte, auf den ersten Blick zwischen Rosamunde Pilcher und Tommy, beim genauen Hinsehen nehme ich die Pilcher sofort zurück und freue mich über eine in Dialogform gestaltete Geschichte, die Elinoires langsamem Erwachsenwerden nach dem Tod ihrer Mutter auch mit metaphysischen Charakteren wie Liebe, Hass, Gewissen, Freiheit, Vergangenheit, Schicksal oder Tod Tiefe gibt.
Da alles auch in Rollen gesungen wird (lassen wir mal hier die Vergleiche zu anderen Bands), sind eine stattliche Anzahl an Sängerinnen und Sängern vonnöten – insgesamt 16 Vokalisten geben den Charakteren ihre Stimmen.
Unter den musikalischen Gästen (über 30 Musiker) finden sich denn auch einige sehr profilierte Namen. Allen voran Gary Wehrkamp und Brendt Allman (Shadow Gallery), die mit ihrem Stil wohl auch einigen Einfluss auf die Produktion hatten. Aus dem Progbereich sind u.a. Jimmy Keegan (Spock’s Beard) und Billy Sherwood als Sänger vertreten, daneben fast die ganze Steel Protector Besetzung.
Würden sich so viele renommierte Musiker an einem Newcomer-Projekt beteiligen, wenn es nicht entsprechende Substanz hätte? Und umgekehrt: Kann bei einer solchen Besetzung qualitativ noch etwas schief gehen?
Es gibt ja schon einige Rezensionen im Netz – deshalb lasse ich euch einfach an meinen subjektiven Eindrücken während eines Hördurchlaufes teilhaben…
Die Scheibe rotiert
Das Intro "
Elinoire’s Theme" ist ein wunderbares Instrumental: eine gefühlvolle Melodie und ein feines Zusammenspiel von Piano und Gitarre, die durchaus nach Steve Howe klingt – der YESFan Schnella blitzt gleich zu Anfang kurz durch.
Viel zu schnell geht es über in den Song „
Initiation Fugato“, der zeigt dann schon mal wo es künftig lang geht: Mehrere Gesangsparts sind im Gentle Giant- Stil übereinandergelegt – da werden in zwei Minuten von vier Charakteren so viel Text gesungen, dass eine Orientierung ohne Mitlesen im Booklet kaum möglich ist. Doch das klingt sehr vielversprechend und das später wieder aufgegriffene Thema „Open your mind fort the unpredictable change...“ geht sofort in die Gehörgänge.
Nach diesen Einschmeichlern aber gibt es kräftig aufs Ohr. Schon die folgende „
Overture“ ist ungleich härter – und macht mit den vielen Keyboard- und Gitarrensoli (Chrissi Müller, Martin Schnella und Gary Wehrkamp geben sich sozusagen die Gitarre in die Hand) richtig Laune. Was für ein toller Beginn!
Was folgt ist oft unterlegt mit Breitwandgitarrenriffs – ein differenzierter wahrnehmender Höreindruck fällt mir da zunächst nicht leicht. Doch nach etlichen Hördurchläufen finden sich viele interessante Gesangs- und Instrumentalparts – die ich schon gerne mal ohne die dichte musikalische Unterlage gehört hätte.
„
First Day“ und "
Nightingale’s Chirp“ sind trotzdem klasse Songs, die vor allem durch die vielfältigen Gesangsparts bestechen. Aber – viiiel Text! Das kann beim Hören schon anstrengend sein. „
Do You Like Country Grandpa?“ beginnt mit einer furiosen Akustikgitarre – ein „Gute Laune Stück“ mit einer klasse Melodie – schnell die Repeattaste bevor es wieder acht Minuten lang sehr heavy weitergeht. Gut, diesen Metalgesang muss man mögen – besonders Kim Spillners Rolle „Rage“ ist ganz harter Tobak - ansonsten heißt es auf die etwas ruhigeren Stellen zu warten, für die vor allem die Vokalistinnen zuständig sind.
Jessica Schmalle (Steel Protector), die die Rolle der Elinoire singt, fällt mir mit ihrer kräftigen Stimme auf, mit der sie in jedem Musical brillieren könnte. Überhaupt setzt sich dieses Musical- oder Rockopergefühl fest. Beim Fünfminutensong „
Elinoire“ etwa gibt es nicht weniger als neun unterschiedliche Gesangsparts – das kann auch mal ermüden, wenn man nicht konzentriert zuhört. So einfach nebenbei erschließt sich der ganze Reiz nicht. Die Vocals klingen gut, Herausragendes wie von Jimmy Keegan aber gibt es nur selten. Macht aber nichts, es geht hier ums Gesamtkonzept.
„
Elinoire“ selbst ist ein fein aufgebauter Song: Beginnend mit akustischer Gitarre, Mandoline und Flöte steigert sich der Song rasant bis zum orchestralen Finale.
Bei „
Rage of Despair“ pfeift mein multifrequenter Tinnitus bedrohlich gern mit – bitte um Verzeihung, wenn meine Finger mal Richtung Skiptaste zucken. Ach was, Watte ins Ohr und aufgedreht – das muss auch mal sein, zumal sich in diesem Song einige schöne dynamische Melodien verstecken. „
Adam's Theme“ und „
Neglected Garden“ schließen da nahtlos an – mit eingängigen und packenden Melodien – aber meine Ohren machen langsam zu und meine Rezeptionsfähigkeit lässt nach. Dieser Breitwandsound donnert dann doch partiell an meinem Musikempfinden vorbei. Ich mach mal kurz Pause….
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Auf dem zwölften Song, „
Time Mirror“ (in dem Marek Arnold, wie auch bei „
Review“ mit einem bestechenden Saxsolo für Abwechslung sorgt), ist Billy Sherwood zum ersten Mal vertreten – herauszuhören ist er aber unter diesen vielen Gesangsoverdubs nicht. Umso tragender ist seine Rolle bei „
Watershed“ und „
Farewell“. Wer wie ich Billys Gesang mag, wird hier bestens bedient! Dennoch ordnet sich auch Billy dem Konzept des Albums unter – seine fast minimalistisch instrumentierten Parts werden schnell wieder vom Dauerfeuer aus Gitarrenfundamenten und gleichzeitig überlagerten mehrschichtigen Gesangs- und Instrumentalparts abgelöst. Bei „
Unearth The Truth“ wird’s zwischendurch mal so richtig schräg – danke für diese Progeinflüsse!
„
Father’s Theme“ und „
Farewell“ sind sehr melodiöse Übergänge zum langen Finale: „
A Place To Revive Your Soul“ spiegelt in seinen fünf Teilen die Konzeption diese außergewöhnlichen Albums:
Vielfalt!
Melodiöse, ruhige Kompositionen wechseln ab mit harten Parts, fast stehende Einschübe steigern sich zu Hochgeschwindigkeitsgitarrenriffs und ebensolchen Keyboardsoli und Up Tempo lässt in voller Dröhnung die Trommelfellmembrane erzittern, sanfte Solovocals steigern sich mehrstimmig, gegenläufige Melodien werden durch entsprechende Instrumentaleinsätze ergänzt – [smilie=yourock.gif]
bis plötzlich alles mit einem einsamen Klavierakkord endet.
Puh, tief durchatmen. Da klingt noch einiges nach.
Mein Fazit: Respekt? Nein, viel zu wenig! Da ist schon eine leichte Verneigung angebracht. Wenn mich Martin Schnellas Dauerfeuer auch manchmal etwas ermüdet und den Gesangsparts mitunter nicht ohne Anstrengung zuzuhören ist (was ja noch lange nicht das Schlechteste ist!) – das Album hat mich gefesselt! Die Konzeption dieses Albums ist großartig, die Umsetzung herausragend, die Melodien einfallsreich, die Musiker vom Feinsten, die Vielfalt aufregend und dennoch im Kontext stimmig. Was will man mehr? Vielleicht hier und da etwas weniger von allem…
Hier nochmals der Trailer zum Album:
[youtube]zrYpPs-hfyM[/youtube]