AN INTRODUCTION TO SYD BARRETT
Da ich diese CD gerrade höre, hier einige Überlegungen zu Syd und der Neuveröffentlichung.
In einem schwachen Moment trennte ich mich von meiner 3-CD-Complete-Syd-Barrett-Box
(bei der aber von Anfang an das Booklet fehlte) und habe Syd's Musik seit gut 15 Jahren nicht
mehr gehört, was den Anlass zum Erwerb dieser Neuveröffentlichung, - einer Art "Best Of Syd"
-, gab.
Wir finden auf dieser von David Gilmour produzierten CD (was wohl in diesem Fall nur bedeutet,
dass jener als "Herausgeber" und "Überwacher" der 2010-Mixe fungierte) eingangs 6 Titel von
Pink Floyd vom Piper-Album, darunter mit der alternativen Aufnahme von "Matilda Mother" (mit
anderem Text) und den wunderbaren Stereo-Mix von "Apples and Oranges" (beide Titel
gibt es in diesen Fassungen sonst nur auf der empfehlenswerten 3-CD-40th- Anniversary
- Ausgabe vom Piper-Album). schade, dass man sich wieder für die Mono-Mixe von "Arnold
Layne" und "See Emily Play" entschieden hat, statt der Duophonic-Versionen vom Album
"Works" (aber dann bitte, ohne das sie wieder in den jeweils nächsten und vorherigen
Titel überlappen). Fast schon selbstverständlich, dass wir wieder (natürlich) um
unveröffentlichte Floyd-Perlen wie "Scream Thy Last Scream" und "Have You Got It Yet?"
kommen ...
Darauf folgt dann eine Art "Best-of-Syd-Solo". u.a. "Terrapin", "Octopus", "Baby Lemonade",
und der Bob Dylan Blues (den es nur hier offiziell gibt - Roger singt mit!) . Die Titel "Rhamadan",
"Here I Go" und "She Took A Long Cool Look"wurden für das Album neu abgemischt. Da ich die
alten Mixe nicht mehr (im Ohr) habe, entzieht sich mir jeder Vergleich. Dem Floyd-Enthusiasten
ist das natürlich nicht ausreichend; aber ich bin erst mal ganz froh, den guten, alten,
verrückten Syd wieder zu begegnen. Einerseits ist "Piper" mein Lieblingsalbum von Floyd;
andererseits hatte ich immer große Probleme mit seinem (für mich unerheblichen,
enttäuschenden Solo-Schaffen). Dabei muß man natürlich berücksichtigen, dass der arme
Kerl seine wahrscheinlich onehin bestehende Neigung zur Schizophrenie durch Drogenkonsum
erst hat evident werden lassen, und sich dazu das Hirn, mit einem "Silbernen Schuß"
irreparabel geschädigt hat. Es gibt dazu einen ganz erschütternden Clip, in welchem man
Syd auf einen Hügel rennen sieht, und beim Drogenkonsum praktisch zuschauen kann
- vielleicht war es jener irreparable Moment?
Für ein geniales Album (und die Inspiration zu den Märchen und Fabeln seiner Texte)
hat sich Syd den Rest seines Lebens praktisch in den offline-Modus versetzt. Und
trotzdem liest man auf den Fanseiten immer wieder, dass es nicht wenige gibt, die
gerne mit ihm getauscht hätten (ich sicher nicht). Man muß sich Syd also so vorstellen,
das er nur noch ab und an "auffunkelte", der verrückte Diamant. Überwiegend ein
Mensch mit schwarzen Löchern; da, wo einmal die strahlenden Augen waren.
Einunddasselbe Stück auch nur 2 mal auf die selbe Weise zu Proben oder einzuspielen,
war er bereits als noch-nicht-Drogengeschädigter nicht Willens, oder in der Lage.
Um so ungeordneter war der Verlauf seiner Soloaufnahmen, die ohne die Betreuung der
anderen Floyds, - insbesondere Gilmours -, wohl nicht einmal so unvolkommen
zustande gebracht worden wären, wie sie uns ja vorliegen.
Trotzdem war die Entscheidung der Floyds 1968, auf Syd auch als Inspirator zu verzichten
(also seine Fragmente als Grundlage künftiger Floyd-Werke zu nutzen) doch recht mutig;
denn zunächst herrschte meines Erachtens schon ein gewisses Vakuum, - nicht an Musik -,
aber an songfähigen Ideen. Daraus ergibt sich die interessante Frage, ob sich die Band mit
einem geistig gesunden Syd überhaupt in die Richtung größerer, epischer Werke weiter-
entwickeln hätte können. Ich meine: nein. Syd wäre meines Erachtens in der
psychedelischen Phase der Jahres 1967 stecken geblieben, hätte den Schritt von Songs
zu Prog vielleicht gar nicht mitvollziehen können. Und auch Roger und David wären
vielleicht niemals so bahnbrechend aus ihren Schneckenhäusern gekrochen, hätte
diese unbedingte Notwendigkeit dazu nicht bestanden ...
Von tragischer, welthistorischer Bedeutung dann der Besuch Syd's bei den Floyds
während der Wish-You-Were-Here-Sessions. Jemand überbringt Syd, dass die Gruppe
an seiner Hommage arbeitet, und sich offensichtlich wünsche, er wäre (noch? wieder?)
da. Der arme Kerl schleicht sich prompt in's Studio, wird erst spät von Roger erkannt, und
fragt, ob er was tun könne (mitspielen dürfe). Doch nein; es bleibt beim "Wish"-
Lippenbekenntnis, welches von Syd, - so ganz nebenbei -, durch seinen Besuch als
solches entlarvt wird. Oder doch nicht? Natürlich haben die Floyds das Recht, über das
geistige Erlöschen ihres einstigen Spiritus Rector nachzusinnen. "Dasein" bedeutet in jenem
Fall ja nicht nur körperliche Präsenz; sondern auch geistige Gesundheit, Arbeitsfähigkeit.
Trotzdem; ich möchte nicht in deren Haut stecken - den alten Kumpel dann wieder
gehen zu lassen (und weiter "Wish You Were" zu produzieren; es zu Weltruhm
aufsteigen zu sehen, während der Inspirator endgültig untergeht ...)
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... now there's a look in your eyes, like black holes in the sky ...
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