
Biographie: (Quelle: laut.de)
Als eine der schillernsten Vertreter der Glamrock-Bewegung sind die britischen Roxy Music bis heute im kollektiven Gedächtnis Musikinteressierter verankert. Ein kleines Missverständnis, denn tatsächlich können die Briten mit ihrer Mischung aus Avantgarde-Rock der Spät-60er und poppigen Hooklines als Vorläufer und Ideengeber des Genres gelten.
Nachdem Kunstlehrer Bryan Ferry (voc, g, kb; *26. September 1945 in Washington/Tyne and Wear) 1970 seine Kurse in musikalische Aufnahmesessions umgestaltet, setzt ihn die Schulleitung vor die Tür, was in ihm den Entschluss reifen lässt, eine Band zu gründen. Ein Jahr nach den ersten Gehversuchen von Ferry, Graham Simpson (g, bg; *13. Oktober 1943 in Manchester, +16. April 2012) und Andrew "Andy" Mackay (sax, oboe; *23. Juli 1946 in Lostwithiel, Cornwall) bringt letzterer den Synthie-Fan Brian Eno (g, bg, kb, syn; *15. Mai 1948 als Brian Peter George St. John le Baptiste de la Salle Eno in Woodbridge, Suffolk) sowie Phil Manzanera (g; *31. Januar 1951 als Philip Geoffrey Targett-Adams in London) in die Band. Von nun an geht's bergauf.
Während Songwriter Ferry amerikanischen Soul und die Beatles bewundert, drängt Eno zur eigenen Version des Rock-Experimentalismus à la Velvet Underground. Diese interessante Mischung führt zum Debütalbum, durch das sie zusammen mit der Single "Virginia Plain" zum heißesten Newcomer aufsteigen und 1972 im Vorprogramm von Jethro Tull auf Tour gehen.
Anders als herkömmliche Rock-Acts legten Roxy Music schon seinerzeit gesteigerten Wert auf Style und Ästhetik. Sänger Ferrys Kunstbackground schlug sich sowohl in den bizarren Showkostümen als auch in Roxys Videos und auf den Plattencovern nieder, wo meist schöne Frauen zu bewundern waren (auf "Siren" räkelt sich beispielsweise Mick Jaggers Ex-Frau Jerry Hall, damals noch mit Ferry verbandelt). Ferrys dandyhaftes, charismatisches Auftreten gepaart mit seinen romantisch verklärten, ironischen Texten begeistert die Insulaner, trifft bei den Amis jedoch auf Unverständnis und wird zunächst mit Nichtbeachtung gestraft.
1973 verlässt Brian Eno die Band nach dem zweiten Album im Streit und startet eine Solokarriere. Von nun an arbeitet er an unzähligen Projekten, produziert u.a. Alben von Bowie und den Talking Heads und gründet 1975 sein eigenes Label.
Mitte der 70er erobern Disco-Elemente den bandtypischen Soul-Pop, der Song "Love Is The Drug" bringt die Band erstmals in Amerika in die Hitlisten. Zwischendurch frönt Ferry beständig seinem Drang nach Eigenregie, in dem er Soloalben veröffentlicht, die immer mal wieder Coverversionen seiner Idole enthalten. Roxy Music leidet darunter keineswegs, "Flesh And Blood" führt 1980 die UK-Charts an. "Avalon", mit der gleichnamigen Hitsingle, verkauft sich allein in Amerika eine Million Mal. Zwischendurch landen Roxy Music noch ihren bis heute einzigen Nummer-Eins-Hit in der britischen Heimat und ironischerweise mit einer Coverversion von John Lennon's Hit "Jealous Guy", als Hommage an den im Dezember 1980 ermordeten Ex-Beatle.
Am Zenit angelangt empfindet Ferry die Arbeitsweise innerhalb eines Kollektivs zunehmend als Last und löst die Band 1983 auf. Im Laufe der 80er stürmen dafür Roxy Music-beeinflusste englische Bands wie Duran Duran, Spandau Ballet, ABC und Talk Talk die Charts. Als Bruder im Geiste bewegt sich Pulp-Frontman Jarvis Cocker, ebenfalls ehemaliger Kunstschüler, in den 90ern stets imagebewusst durch die Medienlandschaft.
Bryan Ferry veröffentlicht seit dem Split mehr oder weniger interessante Soloalben, wobei das 1999er Werk "As Time Goes By" sehr zu empfehlen ist, worauf er Klassiker der 30er Jahre covert. Sein ehemaliger Mitstreiter Brian Eno, der aufgrund seiner Platten "Music For Films" und "Music For Airports" seit Ende der 70er als Erfinder von Ambient verehrt wird, findet sich in den 80ern durch die fruchtige Zusammenarbeit mit U2 in der Eliteliga der Top-Produzenten wieder. 2001 veröffentlicht Eno zusammen mit dem Frankfurter DJ und Klangkünstler J. Peter Schwalm, den er 1998 bei der Installation "Future Light Lounge Proposal" in Bonn kennengelernt hat, das Album "Drawn From Life".
Kollege Ferry tut sich - im Alter wird man nostalgisch - mit seinen ehemaligen Weggefährten Mackay, Manzanera, Thompson sowie einigen zusätzlichen Musikern für eine Reunion Tour 2001 zusammen. Geld mag hier eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben, zumindest verkneift man sich auch nicht die zwanzigste "Best Of"-Scheibe, die der Welt-Tournee ja nur gut tun kann. Ex-Kollege Eno wird zuhause sitzen, Ambient-Mucke hören und den Kopf schütteln. Für Ferrys 2002er Solo-Album "Frantic" begab er sich trotzdem in dessen Aufnahmestudio, stöpselte seine Synthies ein und komponierte mit "I Thought" gar einen Song mit seinem ehemaligen Sänger. Im Sommer 2003 erscheint der Live-Mitschnitt der Tour. Doch ohne Eno gerät der Sockel des Kunstlehrers ins Wanken und die RM-Show zur seelenlosen Denkmalpflege.
2006, nach einem umjubelten Auftritt beim Live 8-Konzert in Berlin im Vorjahr, stehen die Zeichen gut, Roxy Music noch einmal in der kompletten Originalbesetzung erleben zu können. Geplant ist seitdem die Veröffentlichung eines neuem Roxy-Albums. Für dieses Projekt haben die Mannen um Brian Eno und Bryan Ferry bereits einige brandneue Songs im Studio aufgenommen. Bis heute (Stand Herbst 2012) haben sie allerdings noch nicht das Licht der Welt erblickt.
Studioalben:
Roxy Music (1972)
For Your Pleasure (1973)
Stranded (1973)
Country Life (1974)
Siren (1975)
Manifesto (1979)
Flesh And Blood (1980)
Avalon (1982)
Livealben:
Viva! (1976)
Heart Still Beating (1990)
Concert Classics (1998)
Concerto (2001)
Live (2003)
				