Fragile hat geschrieben:Gleiches gilt übrigens für "We Have Heaven" dem hier wohl auch ein wenig zu viel Bedeutung beigemessen wird.
Na auf keinen Fall!
Schon der Alleingang auf 'Time And A Word' zeigt, wo es langgeht. Du wachst auf und dein charismatischer, quirliger und einnehmender Komponist und Frontmann hat über Nacht überrraschenderweise eine Nummer für das neue Album eingespielt und es ist eigentlich schon eine ausgemachte Sache, das Ding kommt mit auf's Album! Ob's nun gefällt oder nicht...
'We Have Heaven' ist für mich als Fan einer der Lichtblicke auf 'Fragile'. Wieder eine Solonummer, diesmal unter vielen, noch konsequenter, 'noch mehr' solo. 'Fragile' war nie 'Roundabout', 'Heart Of The Sunrise', 'Southside O.T.S' und ein paar Solonummern!
Das besondere Flair, die besondere Atmosphäre ensteht durch die so starke 'geistig/körperliche Präsenz' aller Beteiligten. Durch den speziellen Mix, den Studiosound, den Eddie Offord der Band auf den Leib geschnitten hat. Das natürlich im Ganzen auch das Artwork wirkt etc., ist ja klar.
Wenn wir mal bei der Musik bleiben, ist es die besondere Mischung aus langen, abenteuerlich durchkomponierten Stücken und intelligenten, kleinen, quirligen Nummern, die jede für sich in besonderer Weise einzigartig sind, das prägendste Element. Jede dieser Nummern, bis auf Howes' 'Mood' war so anders! Und selbst die war nicht die billige 'Rocker klampft ein paar klassische Griffe' Nummer.
Denn es war doch so: Damals, als die Musik (Für mich war 'Fragile' neu so etwa 1983) neu für einen war: Man/frau begeistert sich furch ein fantastisches 'Roundabout', das man am liebsten gleich nochmal auflegt weil es so mitreißt! Weil es so anders, so elegant ist und gleichzeitig heftig groovt. Weil es so intelligent und auch noch geschmackvoll arrangiert ist! Nicht einfach nur tricky, auch noch schick, irgendwie! Strahlend und positiv. Nicht zu fassen! Das es sowas gibt!
War sofort ganz nach oben geschossen, in meiner 'Liste der besten Songs aller Zeiten' in TeenieTagen.
Dann diese knotigen, museligen seltsamen Synth-Sounds von 'Cans And Brahms', mit denen eine kleine klassische Partitur eingespielt wird. Nachdem klar war, dass alles im multitracking Verfahren von Wakeman eingspielt wurde, war noch mehr Interesse und Faszination erwacht. Hat seinen kleinen Teil getan, klassische Musik wieder mit in den Fokus zu nehmen.
Wer mal eine, mit den richtigen Instrumenten eingespielte, originale Version gehört hat wird seine Freude daran haben! Weil alles so gut zu erkennen ist! Wer Johannes Brahms' 3. Satz aus der 4. Symphonie in E Moll vielleicht sogar gut kennt, wird wohl anerkennen, dass es eine musiktechnische, aufnahmetechnische Meisterleistung ist, diese Nummer allein und auf analogem Equipment zu bewerkstelligen.
"Dann diese komische faszinierende Gesangsnummer. Auch wieder 'ne multitracking Nummer; seltsame Rhythmik." Später war klar, es ist ein verkürzter 6/8, der dem Stück seine rhythmische Charakteristik, seine rhythmische Identität gibt. Ich konnte von Anfang an nicht genug davon bekommen, hab' es oft gespielt und hatte immer das Gefühl, 'schade, dass es nur so kurz ist', davon könnte ich mehr vertragen, viel mehr! Es ist eine kleine Lichtnummer, die sich manches Mal wie ein warmer Kokon um mein Bewußtsein geschmiegt hat. Hier fand' ich Geborgenheit, Stärke und Selbstbewußtsein. Die Musik, die ganze Musik, 'Fragile', Close To The Edge', etc. war ein Ort um sich aufzuhalten! Ein verborgener Raum, etwas wo sich nur bestimmte Leute aufhielten, die diese musikalische Sprache so gut verstanden wie ich.
Kurz, 'Fragile' und 'We Have Heaven' waren mit all' ihrer Atmosphäre und musikalischen Brillanz, Teil der menschlichen Selbstfindung in der Zeit des Heranwachsens.
Die Wirkung dieser Musik kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Und es ist in in der Tat ein Originalzitat von Jon Anderson.
"Man kann es als ein musikalisches Ritual verstehen, eine Art Ritual weißer Magie." Ist von einer DVD, kann man also nachsehen.
Das Prinzip des Ritual bleibt ja ein wichtiger Bestandteil des musikalischen Output der nächsten Jahre. Schau' auf die Form von 'Close To The Edge', es ist aufgebaut wie ein Ritual. Technisch wie eine Symphonie in 4 Sätzen, ist auch ein typischer ritueller Ablauf erkennbar, mit 'Einleitung', 'Vorbereitung', 'Anrufung' (Wakeman Solo) und Höhepunkt (Wenn die Band einsetzt), 'Weihe' und abschließendem 'Segen'.
Ähnlich sind auch die Strukturen auf 'Tales From Topographic Oceans'. Nicht zuletzt in dem Stück, das gleich den entsprechenden Titel trägt, 'Ritual'.
Ein Ritual des Lebens. Nein, es ist vielmehr ein Ritual für das Leben! 'Wir sind von der Sonne' meint ja nicht wortwörtlich die atomare, molekulare Herkunft unserer Bausteine, denn die sind nicht 'von der Sonne' weil sich unsere Planeten und unsere Sonne hier gemeinsam entwickelt haben. Diese Baustoffe haben wir alle gemeinsam, die Planeten und die Sonne, aus dem Interstellaren, sie waren schon Teil anderer Entitäten, anderer Sonnen, Nebel, Planetoiden, irgendwelcher Festkörper, etc.
Anderson bezieht sich auch nicht auf 'alles Leben' in wissenschaftlicher Weise! Er bedenkt nicht die Bakterienkolonien, die sich am Grund des Meeres an den 'stillen Rauchern' von Schwefel ernähren und nie einen Sonnenstrahl gesehen haben!
Nein! Er ist ein Poet! Er bezieht es auf die Kraft des Lebens! Auf die pulsierende Energie die uns durchströmt, auf die Kraft des Sonnenstrahls wie er auf die Haut trifft, auf die Seele, uns wärmt, aufbaut, inspiriert und erfreut. Wie sich Generationen von Geschöpfen; Mensch und Tier gleichermaßen, seit Urzeiten, nach den Rhythmen der Tage ausrichten, so dass dieser 'Rhythmus des Lichts' von der frühesten Urzelle an unsere Lebensrhythmen prägt, unser Sein im Innersten prägt.
Soviel zu 'Nous Somme Du Soleil'.
Damit sind wir dann wieder bei 'OLIAS OF SUNHILLOW'.
Hier wird das Prinzip des musikalischen Ritual wohl in höchster Vollendung erschaffen und praktiziert. Das Thema ist komplett danach angelegt. Die Erschaffung einer Arche, eines Weltenseglers mittels einer Beschwörung der Kräfte der Natur. Die Musik ist komplett danach angelegt, ein Chant jagt den nächsten und alles kommt zu einer großen befreienden Konklusion.
Es ist so licht, poetisch, hochmusikalisch! Hochmelodiös!
Keine Untiefen, keine Aggressionen, nichts 'Unheimliches' oder 'dunkles'. Nichts was der triviale Geist allgemeinhin und mit dem Blick eines Materialisten als irgendwie 'okkult' oder sonstwie indifferent spökenkiekerisch wahrnehmen könnte. Keine stumpfsinnige Symbolik, nicht jenes materialistische und alberne Okkulte...
Was schon in 'Survival' ein erstes Mal zum Ausdruck kam, findet mit 'Olias Of Sunhillow' den wunderbaren Höhepunkt, allerdings nicht das Ende. Das rituelle Moment ist auch Bestandteil von 'Awaken' z.B., kommt später immer wieder mal vor, in 'That, That Is' oder 'Endless Dream'. 'Toltec' hat auch einen sehr schönen, teils rituellen, Rahmen. 'Shaker Loops' ist mit Andersons' Text ein Ritual.
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