
Künstler: Rick Wakeman
Label: Rondor Music, A&M (CD3230) UK 1975
Veröffentlicht: 1975
Aufgenommen: Morgan Studios, 10/74 - 01/75
(Erste Solo-Platte nach seinem Ausstieg bei Yes)
Höchste Album-Charts-Platzierung in UK: Nr. 15 (1975)
Tontechnik: Paul Tregurtha, Jeremy Stenham
Orchester-Arrangement: Wil Malone
Dirigent: David Measham
Chor: The English Chamber Choir
Chormeister: Guy Prothero
Sprecher: Terry Taplin
Musiker:
Rick Wakeman - Keyboards
Ashley Holt - Gesang
Gary Pickford Hopkins - Gesang
Jeffrey Crampton - Gitarren
Roger Newell - Bass
Barney James - Drums
John Hodson - Percussion;
Titel:
1. Arthur (7:26)
2. Lady of the Lake (0:45)
3. Guinevere (6:45)
4. Sir Lancelot and the Black Knight (5:21)
5. Merlin the Magician (8:51)
6. Sir Galahad (5:51)
7. The Last Battle (9:41)
Total Time: 44:58
Diese Platte ist und bleibt mir unvergesslich, denn sie war meine erste Begegnung mit
Aspekten der Musik von Yes, die beim mir zum Volltreffer wurden. Frühere Versuche
sind gescheitert, zum Beispiel daran,das ich einem Freund sagte: "Die Musik ist ja
ganz okay, aber warum singt bei denen ein kleiner Junge?" - "Das ist kein kleiner
Junge" - konterte mein Kumpel. "Na ja", - so ich -, "Frauengesang mag ich halt nicht so ..."
Das muß so um 1976 gewesen sein. Bei einer Party legte jemand YESSONGS auf,
aber so, nebenbei zum Zwangshören verpflichtet, war das einfach nur ein grauenvoller
Gitarrenlärm für einen Beatles-, Stones- und Neil-Young-Fan wie mich.

Dann kam das Jahr 1979, und ein Arbeitskollege meines 10 Jahre älteren Bruders,
(dem ich es verdanke, dass ich bereits in der frühesten Kindheit mit Beat Musik
derart zugeschüttet wurde, dass sie mir schließlich wichtiger wurde als alle anderen
Aspekte meines Lebens - und so ist es noch heute), war Ungar. Ungarn war damals
ein zwar sozialistisches Land, aber es hatte die Währung Forint frei konvertierbar
gemacht und überhaupt (für die sozialistischen Länder einzigartig) einen Prozeß
der Liberalisierung begonnen. Plötzlich gab es eine Coca-Cola-Fabrik in Budapest,
und die Geschäfte vollgestopft mit Westprodukten; unter anderem englischer Tee,
und Schallplatten. Es gab zum einen Lizenz-Übernahmen, die von den Ungarn mit
vereinfachten Cover übernommen wurden, den Einfuhr ähnlich vereinfachter Lizenz-
Platten aus Jugoslawien, und schließlich, in eigens für die DDR-Bürger aufgemachten
Geschäften, die Originale. Jene wurden, so sagte man mir, überwiegend von Sportlern
und Wissenschaftlern aus von deren Auslandsreisen (der Normalbürger durfte die
Sozialistischen Staaten nicht verlassen) mitgebracht. Diese überspielten sich
Kopien auf ihre Tonbandgeräte, und verkauften die Platten an die Händler, die sie
den ostdeutschen Musik-Fans zu einem Preis von 500,- Forint verkauften (100,-Ostmark).
Die Ungarn selbst, so sagte mir einer dieser Plattenhändler, hätten erst durch die
Ostdeutschen so nach und nach einen Zugang zur englischen und amerikanischen
Rockmusik bekommen.
Dieser Arbeitskollege meines Bruders jedenfalls brachte exakt jenes Wakemann`sche
Werk mit in die "Zone", und borgte es meinem Bruder, der es mir vorspielte.
Ich war dieser Musik sofort absolut und rettungslos und unrevidierbar verfallen.
Zum einem hatte mich Mark Twains "Ein Yankee an König Artus Hof" schon immer
fasziniert (Sir Thomas Malory's "Geschichten von König Artus" sollte ich erst
später entdecken). Im Fernsehen lief eine mehrteilige "Lancelot vom See"-Serie,
die ich heute gerne wieder einmal sehen würde. Dazu bekam ich nun quasi den
Soundtrack. Herrlich auch das aufklappbare Cover der originalen LP mit dem Inner-
Sleeve-Ritterlampf zwischen Sir Lancelot und dem schwarzen Ritter.
Ich überspielte mir diese Platte auf mein Stereo-Tonbandgerät, und hörte sie
Tag und Nacht, manchmal sogar auf Arbeit, wohin ich das Tonbandgerät eigens dafür
mitschleppte. Dann begann ich, weiter nach Wakeman und Yes zu forschen,
und wurde mit "Rhapsodies", "The Yes Album" und "Close To The Edge" fündig.
And, here I am, roundabout 33 years later!
Ab 1982 fuhr ich dann endlich selber nach Rumänien, Bulgarien, Ungarn.
Es war nun so, dass wir unsere Pseudo-Canada-Urlaube in den herrlichen
Hochgebirgen und Dracula-Schluchten Rumäniens; oder unsere Pseudo-Adria-
und Ägäis-Urlaube am Schwarzen Meer Bulgariens, oder in den Griechenland-
nahen Rhodopen machten, um auf der Rückfahrt in Budapest aus dem Zug
zu steigen, unseren Pseudo-Westen dort genossen, Coke tranken und
Yes- und Genesis- Platten für jeweils ein kleines Vermögen kauften. Es soll
auch einige Unbelehrbare

Zug stiegen, weil sie es einfach nicht ausgehalten haben. Diese Typen schleppten
dann die Platten mit durch das Hochgebirge, schoben sie nachts in den
Schlafsack (gegen Diebstahl und Frost), konzentrierten sich tagsüber stets darauf,
die Platten aus der glühenden Sonne in den Schatten zu rücken, hielten
die Platten in den Bussen und Straßenbahnen in Sofia und Bukarest eng an
sich gepresst - und wenn der Abend kam, stellten sie zum Beispiel "Nursery Cryme"
aufgeklappt vor sich, und versuchten, den ihnen noch unbekannten Teil der Musik
anhand der Texte und Illustrationen zu erahnen (Harlequin, For Absent Friends,
Seven Stones, Harold The Barrel).

Rick präsentiert uns ein Konzeptalbum mit unglaublich starken, eingängigen Melodien.
Anders als bei Journey, fungiert der Erzähler nur als eine Art "Ansager", und unterbricht
somit en Fluß der Story nicht unnötig - etwas, was mich an JOURNEY immer störte. Der
Sprecher erzählt uns pathetisch die mythischen "Fakten" mit wenig Gehalt (und nichts, was
wir als Kenner der Sage nicht längst wüßten); und Ricks Musik hüllt diese in Pomp und Samt.
Gleich das erste Stück, "Arthur", führt uns mit Pathos und Wucht in die musikalischen
und inhaltlichen Themen der Sage ein und katapultiert uns unmißverständlich in ein
mittelalterliches England, ganz großes Kino. Artur, ein eher unwahrscheinlicher Kandidat,
schafft es, das Schwert aus dem steinernen Ambos zu ziehen, und wird so König
von ganz Britannien. Wunderbar dann die Übergänge zwischen den einzelnen Stücken,
auch wenn jene oft nicht als eigenständige Titel heraus kristalliert sind (wie bei "Lady Of
The Lake"), sondern als Vorspiel einzelner Titel fungieren. Herrlicher, beinah orthodoxer
Chorgesang von tiefer Spiritualität, wie aus der Vergangenheit herauf-klingend; gefolgt
von einer (jeweils etwas variierten) Piano-Etüde. Die nächsten beiden Titel, "Sir Lancelot
& The Black Knight" und "Merlin The Magican" stellen für mich schon den Höhepunkt der
Platte dar. Ein grandioser musikaliischer Wahnsinn, eine gigantische Verbindung aus
Rockband, Orchester, Chor, und das alles beherrscht von rasenden Synhesizern
in den höchsten Oktaven. Allein die Stereo-Effekte beim Ritterkampf von "The Black
Knigh" haben es in sich.Fight! Fight" Fight" - Und schon rasten die beiden Ritter auf ihren
Schlachtrössern horizontal und vertikal und diabonal und konkav und konvex durch meine
Ohren, dass hatte vorher noch niemand geschafft. Und bei "Merlin, der Zauberer" konnte man
dessen Tricks und Verwandlungen in allen Registern hören. Irre Wechsel von Cembalo/Bass zu
Piano und Banjo zu Synthis und E-Gitarren, Vibraphon und Percussion; - eine Reise
mit plötzlichen, wie durch einen Zauberstab hergestellten Wandlungen von Barock bis Ragtime.
Das war einfach atemberaubend.

Die beiden letzten Titel, "Sir Galahad" und "The Last Battle" sind dann für mich etwas
zu dünn und enttäuschend geraten. Den tragischen Kampf zwischen Modred und Artus
beziehungsweise die ganze Schlacht kann Rick nicht wirklich überzeugend umsetzen.
Da nenne ich eine große, vergebene Chance. Die Musik strebt von den ersten Takten
von "Sir Galahd" bereits ihrer Auflösung zu, und verliert dadurch viel an Spannung.

Leider findet sich auf der klanglich nicht gerade begeisternden CD-Version nichts
vom Ritterkampf-Gemälde des Innen-Covers der Schallplatte. Die zahlreichen Fehler
in der Abmischung wurden nicht korrigiert, zum Beispiel der erschreckend leise abgemischte
Gesang von Ashley Holt bei "Guinevere", der, - ähnlich wie Daltrey bei Lisztomania -,
hier klingt, wie durch eine (schlechte) Telefonleitung übertragen. Die Synthis beil "Black Knight"
sind wiederum viel zu laut. Und wer eine Akustik-Gitarre noch mehr scheppern hören möchte,
als bei "Time And A Word", ist hier, bei Mr. Hopkins, genau richtig. Manchmal gibt es auch
Aussetzer bzw. ein Aus-dem-Takt-geraten; peinlich.
Dem Album folgte eine für Rick finanziell ruinöse Aufführung des Werks als quasi "Holiday-
On-Ice-Revue" unter Einbeziehung eines Orchesters, bei der die Musik jedoch in den
Hintergrund geriet, da die Aufführung als eine Art Show-Spektakel angelegt war. Natürlich
ist der Charakter der Platte selbst bereits analog dazu spektakulös angelegt, und irgendwie
kann ich auch die Kritiker dieses Albums gut verstehen, nur: Sie erreichen damit vielleicht
meinen Kopf, nicht aber mein Herz - das schlägt nach wie vor für Rick's Beste!

