Wozu Cover-Bands?


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Re: Wozu Cover-Bands?

Beitrag von Member X »

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Aprilfrost hat geschrieben:Interessante Statements. @Soundman: das Wort "recycelt" war nicht abwertend gemeint. Ich meinte damit Musik, die schon vorher da gewesen ist und nun neu aufbereitet wird. Dass diese Bands von guter musikalischer Qualität sind, zweifle ich nicht an.
Insbesondere Soundmunichs und Rolands Argumente - die von den anderen bestätigt werden - sind für mich nachvollziehbar und machen mich auf ein entsprechendes Konzert neugierig.
Unterscheiden möchte ich zwischen Kopie und Interpretation. Ich hatte "Coverband" so verstanden, dass sie die Musik ihrer Vorbilder eben nicht interpretieren, sondern möglichst genau so wiedergeben, wie es die "Originalbands" tun/taten. Insofern sind Songcovers etwas anderes als "Bandcovers". Es soll ja wohl die Illusion entstehen, da vorne auf der Bühne stünden "Pink Floyd", "Genesis" usw. Wenn Hendrix "All along the Watchtower" spielte, klang es ja ganz und gar nicht wie Bob Dylan (zum Glück :mrgreen: ). Wenn The Musical Box einen Genesis-Titel spielt, soll es wohl genau wie Genesis klingen und nicht wie The Musical Box. Sehe ich es richtig, dass die bisher erwähnten Bands keine Tonträger aufnehmen und sich als reine Live-Bands verstehen? Würde ja Sinn machen, denn warum sollte ich mir eine CD kaufen, die haarschaft so klingt wie eine andere?

Der Klassik-Vergleich ist in meinen Augen (oder besser Ohren) nicht zulässig. Klassische Musik entstand und entsteht anders als Rockmusik. Wir hatten uns schon mal hier oder anderswo darüber unterhalten, ob Rockmusiker Noten lesen (und schreiben) können müssen. Es hat niemals eine "Beethoven-Band" gegeben oder "Mozart and his Nightmusicians". Und Gilmore, Banks, Howe a.o. haben meines Wissens auch für sich komponiert und nicht für andere Interpreten. Ausnahme vielleicht: die Musik wurde speziell für jemand anderen geschrieben. Ähnlich ist es mit dem oben genannten Zirkus. Die Artisten möchten sicher als sie selbst erkannt werden und nicht als jemand anderes, mag er auch noch so berühmt sein.

Fazit: Coverbands sollen unterhalten, indem sie wie ihre Vorbilder klingen, aussehen und sich auch so (auf der Bühne) verhalten. Das ist okay und eher noch schwerer, als mit eigener Musik eine Show zu bestreiten. Ich frage mich nur, ob ich bei so einem Konzert nicht ein wenig traurig wäre, die "Originale" nicht miterlebt zu haben.
Zuallererst: Gilmour wäre bestimmt "verstimmt", wenn er wüsste, wie Du seinen Namen verunglimpfst :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: (Reminiszenz an den "Göthe/Goethe"-Täter)

"neu aufbereitet" spräche gegen "identisch", also widersprichst Du Dir, da Du ja selbst konstatierst: "Ich hatte "Coverband" so verstanden, dass sie die Musik ihrer Vorbilder eben nicht interpretieren, sondern möglichst genau so wiedergeben, wie es die "Originalbands" tun/taten."

Nun ist es womöglich schwierig, mit den "Amateurmitteln" - sowohl beim Equipment als auch bei den persönlichen Skills - die Vorbilder identisch zu treffen. Die Cover-Band hat schlichtweg auch nicht die finanziellen Mittel, um die identische Show auf die Beine zu stellen. Nun gibt es dann aber noch die zwangsweise Interpretation mangels Fähigkeiten (finanziell und persönlich) und die absichtliche Interpretation, weil man meint, es müsste hier oder dort anders sein. Selbst die "Originale" spielen ja ein Stück über die Jahre und Veranstaltungen hinweg nicht identisch. Insofern sei jedem seine persönliche Note gegönnt, auch den Cover-Musikern.

"denn warum sollte ich mir eine CD kaufen, die haarschaft so klingt wie eine andere?" Das wirst Du also ohnehin (wegen den vorstehend erläuterten Gesichtspunkten) nicht erleben. Auch klingt einer 80-er Jahre Aufnahme grundsätzlich anders als eine Aufnahme aus 2010.

Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht auch für Cover-Musiker gilt: "Die Artisten möchten sicher als sie selbst erkannt werden und nicht als jemand anderes, mag er auch noch so berühmt sein." Auch der Floyd-Cover-Gitarrist ist er selbst und will sicher er selbst sein - Gilmour wird er nie. Aber er fühlt sich geschmeichelt, wenn er mit seinem Vorbild verglichen wird. Womöglich hinkt der Vergleich aber tatsächlich etwas, da ja meist nicht komplette Auftritte der Vorbilder bei den Artisten "nachgespielt" werden, sondern i.d.R. nur einzelne Sequenzen.

Deine Meinung ist: "Ich frage mich nur, ob ich bei so einem Konzert nicht ein wenig traurig wäre, die "Originale" nicht miterlebt zu haben." Da stellst Du Dich auf die "Glas halb leer" Seite. Versuch's doch mal, die Welt von der "Glas halb voll" Seite zu betrachten :D :D :D (so hätte ich Dich übrigens auch eingeschätzt).
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Roland
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Re: Wozu Cover-Bands?

Beitrag von Roland »

Aprilfrost hat geschrieben:Sehe ich es richtig, dass die bisher erwähnten Bands keine Tonträger aufnehmen und sich als reine Live-Bands verstehen? Würde ja Sinn machen, denn warum sollte ich mir eine CD kaufen, die haarschaft so klingt wie eine andere?
The Musical Box haben eine DVD aufgenommen, was ja wiederum Sinn macht, da es ein Film ist. Leider wurde diese DVD schnell ersatzlos gestrichen, da es technische Probleme auf der DVD gab. Die Synchronisierung lief teilweise aus dem Ruder. Glücklicherweise fand ich jemanden, der eine dieser Unikate besitzt und mir eine Kopie anfertigte. Der technische Fehler war für mich zweitrangig.

Übrigens der Schlagzeuger von TMB (Martin Levac) hat eine selbst komponierte Solo-CD. Und er ist damit seinem Vorbild Phil (Phil's Solo Musik) ganz schön auf den Versen! Hut ab.

Es gibt aber auch Genesis Cover Bands die Audio CD's aufgenommen haben und da trifft das zu was Aprilfrost schrieb: es ist quasi eine Kopie der Originale, nur meist etwas schlechter. An die Meister kommt eben fast niemand ran. ;)

Wie erwähnt, es geht hier nicht um Interpretationen, das wäre ein anderes, seeeehr großes Diskussionsfeld.

DocFederfeld
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Re: Wozu Cover-Bands?

Beitrag von DocFederfeld »

Roland hat geschrieben:The Musical Box haben eine DVD aufgenommen, was ja wiederum Sinn macht, da es ein Film ist. Leider wurde diese DVD schnell ersatzlos gestrichen, da es technische Probleme auf der DVD gab. Die Synchronisierung lief teilweise aus dem Ruder. Glücklicherweise fand ich jemanden, der eine dieser Unikate besitzt und mir eine Kopie anfertigte. Der technische Fehler war für mich zweitrangig.
Die DVD besitze ich sogar im Original - sie war ja ein paar Tage lang offiziell im Handel erhältlich - sie ist wirklich sehenswert, alleine wegen des Auftritts von Steve Hackett.

Sonst besitze ich aber auch weder CDs noch DVDs von Coverbands - im Studio bevorzuge ich natürlich die Originalversionen.
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Aprilfrost
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Re: Wozu Cover-Bands?

Beitrag von Aprilfrost »

soundmunich hat geschrieben: Zuallererst: Gilmour wäre bestimmt "verstimmt", wenn er wüsste, wie Du seinen Namen verunglimpfst :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: (Reminiszenz an den "Göthe/Goethe"-Täter)
Touché! Der Punkt geht an Dich. Roland, Du bist teilrehabilitiert. :mrgreen:
soundmunich hat geschrieben: Selbst die "Originale" spielen ja ein Stück über die Jahre und Veranstaltungen hinweg nicht identisch. Insofern sei jedem seine persönliche Note gegönnt, auch den Cover-Musikern.
Ein sehr gutes Argument.
soundmunich hat geschrieben: "denn warum sollte ich mir eine CD kaufen, die haarschaft so klingt wie eine andere?" Das wirst Du also ohnehin (wegen den vorstehend erläuterten Gesichtspunkten) nicht erleben. Auch klingt einer 80-er Jahre Aufnahme grundsätzlich anders als eine Aufnahme aus 2010.
Auch da hast Du sicher Recht. Nun bin ich nicht der Mensch, der sich von altehrwürdigen Scheiben die neu herausgegebenen remasterten, SACD, überarbeiteten oder neu eingespielten Tonträger kauft. Das hat u. a. finanzielle Gründe (bei zwei Gören in der teuren Ausbildung), hat aber auch mit meinen nicht mehr taufrischen Ohren zu tun, die bestimmte Frequenzen nicht mehr optimal wahrnehmen.
soundmunich hat geschrieben: Deine Meinung ist: "Ich frage mich nur, ob ich bei so einem Konzert nicht ein wenig traurig wäre, die "Originale" nicht miterlebt zu haben." Da stellst Du Dich auf die "Glas halb leer" Seite. Versuch's doch mal, die Welt von der "Glas halb voll" Seite zu betrachten :D :D :D (so hätte ich Dich übrigens auch eingeschätzt).
Du schätzt mich natürlich richtig ein. (So gut kennen wir uns nun ja schon.) Was wäre denn so schlimm an einem kleinen bisschen Melancholie nach so einem Konzert? Freude an einem schönen Konzert und ein wenig Bedauern über verpasste Gelegenheiten. Das ist für mich in Orndung.

Ich möchte noch einmal etwas ausdrücklich klarstellen, um nicht missverstanden zu werden. Meine Formulierung "Wozu Cover-Bands?" bedeutet nicht, dass ich Coverbands blöd finde oder ablehne. Es ist eine sachliche Frage von jemandem, der noch nie mit Cover-Bands in Berührung gekommen ist. Ich hatte mir von diesem Thread Aufschlüsse von Experten erwartet, die ihre Erfahrungen mit Coverbands gemacht haben. Diese Erfahrungen scheinen durchweg positiv zu sein, was ich sehr gern höre/lese. Genau so habe ich mir die Diskussion hier vorgestellt. Ihr müsst mich nicht überzeugen, denn Ihr wisst ja hoffentlich, dass Ihr es bei mir nicht mit einem Ignoranten zu tun habt. Ich bin jetzt noch neugieriger geworden. Vielleicht kann mir jemand einen YouTube-Clip empfehlen, der besonders gut rüber kommt.

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Re: Wozu Cover-Bands?

Beitrag von Member X »

Aprilfrost hat geschrieben:Genau so habe ich mir die Diskussion hier vorgestellt.
That's for what I love this forum :D

DocFederfeld
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Re: Wozu Cover-Bands?

Beitrag von DocFederfeld »

Aprilfrost hat geschrieben:Ich bin jetzt noch neugieriger geworden. Vielleicht kann mir jemand einen YouTube-Clip empfehlen, der besonders gut rüber kommt.
Man kann die komplette Musical Box-DVD bei YouTube finden - sehr gelungen finde ich folgende Beispiele:

[youtube]lVc5xKJpWPM&feature=related[/youtube]

[youtube]f9iEpH2CuOs&feature=related[/youtube]
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SOON
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Re: Wozu Cover-Bands?

Beitrag von SOON »

Ich habe auch die Shows (Foxtrott, Selling, Lamb und Trick) von TMB gesehen und war begeistert.
Ich finde diese Bands leisten auch einen kulturellen Beitrag und sollten mehr Anerkennung bekommen.
Mir gefällt auch die Bezeichnung Cover-Bands nicht , ich denke Tribute Band passt besser.
Es werden ja die alten Helden gefeiert und verehrt und nicht ihre Ideen geklaut.

Etwas peinlich wirkt es allerdings wenn Persönlichkeiten imitiert werden z.B. das Gehampel von Mick Jagger oder Gepose von Robert Plant.
Aber sonst finde ich werktreue Aufarbeitungen von klassischen Rockshows sehr löblich.
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Eric
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Re: Wozu Cover-Bands?

Beitrag von Eric »

Normalerweise finde ich Coverbands oder auch Tributebands eher überflüssig, auch wenn sie oft eine sehr gute Show abliefern.

The Musical Box nahm für mich da aber immer eine Sonderstellung ein, als sie noch die Shows aus der Gabriel-Ära nachspielten. Denn dieses "Rock Theater", das die frühen Genesis in den 70ern ablieferten, mit Gabriels Masken und Kostümen, dem skurrilen Bühnenbild und den Erzählungen, war etwas neues, besonderes und Einzigartiges.

Als "Zuspätgeborener" konnte ich diese Shows damals natürlich nicht sehen. Deshalb war ich sehr glücklich, dass TMB zur Zeitreise einluden und diese Shows rekonstruierten. TMB sind dabei nicht nur Musiker, sondern vor allem auch Schauspieler, die eine Illusion kreieren. Das trifft wohl sicher auch auf andere Coverbands zu, aber nicht jede Illusion ist wirklich die Mühe wert. Eine Pink Floyd-, Yes oder U2-Coverband würde mich z.B. kaum reizen, auch wenn sie musikalisch noch so gut wären. Jedenfalls würde ich keine hohen Eintritssgelder bezahlen wollen.

Bei TMB lag für mich der Reiz auch in erster Linie in den alten Gabriel-Shows, die ich unbedingt mal sehen wollte und von denen es leider kaum gute Videoaufnahmen gibt. Und Live dabei ist ja sowieso nochmal ganz anders. Auch die Trick Of The Tail Tour hatte ich mir noch angesehen. Aber das hat mich im Grunde nicht mehr so sehr interessiert, da die Bühnenshow mit Phil Collins als Frontmann doch sehr an Originalität eingebüßt hatte. DIe Masken und Verkleidungen sowie die skurrilen Phantasiegeschichten und Erzählungen wichen dann Light- und Lasershow sowie Witzchen unter der Gürtellinie. Die Show war immer noch sehr gut, musikalisch sogar fantastisch, aber das muss ich nicht unbedingt von einer Coverband rekonstruiert sehen.
Dio mio! Da hatte geklingelt die Telefon!
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