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Es war das Jahr 1989, kurz vor/nach der Grenzöffnung zur ehemaligen DDR.Das Album ABWH war erschienen, aber irgendwie hat es mir nicht besonders gefallen. Auch heute finde ich, dass es komisch „hell“ oder „spitz“ im Sound ist, dazu der tonangebende Gesang von Jon Anderson, der fast pausenlos auf diesem Album singt und die nervigen Plastik-Electrodrums von Rick Wakeman, naja, auch diese Scheibe ist bis heute nicht mein Lieblingsalbum, aber das tut hier nichts zur Sache.
Im Sommer 1989 wurde dann eine große ABWH Tour angekündigt, für meinen Wohnort Kassel die größte Konzert-Halle (Eissporthalle) gebucht und die Stadt mit ABWH Postern zugeklebt. Ja, egal, wo ich hingesehen habe, es hing ein ABWH Konzertposter, selten war Kassel so übersät mit solchen Konzertankündigungen. Da der Vorverkauf zum Konzert wohl sehr schleppend lief, wurden zusätzliche Banner überklebt, mit dem Text „An Evening of YES Music and more…“ aber auch das half dem Vorverkauf wenig (YES übrigens im Dean Logo, logisch, oder?).
Ein Arbeitskollege, der Musik von den „originalen YES“ sonst nicht abgeneigt, verweigerte auch den vorgeschlagenen gemeinsamen Konzertbesuch mit den Worten „nur wo YES drauf steht ist auch wirklich YES drinne!“. Egal, ich hatte ja meine Eintrittskarte.
Der Tag des Konzerts rückte näher und kurz vorher geschahen wunderliche Dinge im ehemaligen Osten unserer Republik, nämlich die Grenzöffnung am 09.11.1989. Auf einmal waren überall diese lustigen, kleinen knatterten Plastikautos zu sehen, mit ungläubig guckenden Menschen, die Kassel mit ihren Besuchen verstopften.
Das ABWH Konzert wurde kurzfristig von der Eissporthalle (Fassungsvermögen ca. 6.000 Besucher) in die wesentlich kleinere, aber schönere und akustisch bessere Stadthalle – Kongresspalais (Fassungsvermögen ca. 1.000 Besucher) verlegt.
Mein erstes ABWH Konzert war dann am 12.11.1989, 3 Tage nach der berühmten Grenzöffnung und die kleinere Halle war auf einmal „knackevoll“. Da es ein verkaufsoffener Sonntag war und Kassel hoffnungslos verstopft war, bin ich bereits gegen 14 Uhr auf den Weg zur Halle, bzw. zu einem Freund, dort das Auto abgestellt und von dort aus zu Fuß hingewandert.
Das Setlist bestand aus folgenden Liedern: YOUNG PERSONS GUIDE TO THE ORCHESTRA, TIME AND A WORD/OWNER OF A LONELY HEART/TEAKBOIS, CLAP, MOOD FOR A DAY, WAKEMAN SOLO, LONG DISTANCE RUNAROUND/BRUFORD SOLO, BIRTHRIGHT, AND YOU AND I, I'VE SEEN ALL GOOD PEOPLE, CLOSE TO THE EDGE, THEMES, LEVIN/BRUFORD DUET, BROTHER OF MINE, THE MEETING, HEART OF THE SUNRISE, ORDER OF THE UNIVERSE, ROUNDABOUT, STARSHIP TROOPER
Was mir nicht gefallen hat und bis heute bemängele, war die Dramaturgie des Konzertes. Zuerst kam Jon Anderson auf die Bühne und sang seine Lieder unplugged, er alleine, dann kamen die anderen Musiker hinzu und mit jedem Lied steigerte es sich zur vollen Bandbesetzung. OWNER OF A LONELY HEART ist nun nicht mein ausgesprochenes Lieblingslied von YES, aber unplugged war schon sehr seltsam. Besser wäre es aus meiner Sicht gewesen, das Konzert so zu beenden: mit jedem Lied wird es ein Musiker weniger und am Schluss hätte Anderson gesungen, von mir aus auch OWNER OF A LONELY HEART. Aber Geschmackssache.
Nervig fand ich auch das Bill Bruford Solo auf seinen seltsamen Plastik-Electrodrums, ich war froh, es hinter mir zu haben.
Positiv ist mir Tony Levin aufgefallen, hat er doch Chris Squire würdig ersetzen können, mag ihn aber schon lange wegen seiner Kooperation mit meinem Star # 1, nämlich Peter Gabriel.
Das Wakeman Solo war einfach nur phantastisch.
CLOSE TO THE EDGE & STARSHIP TROOPER sind mir am besten in Erinnerung geblieben, bei CLOSE TO THE EDGE (I GET UP, I GET DOWN) standen mir die Tränen in den Augen, meine erste Erfahrung mit YES live erleben zu dürfen! Das wäre nur noch mit GATES OF DELIRIUM oder AWAKEN zu toppen gewesen. (Zu AWAKEN werde ich später einen anderen Bericht von der Union Tour verfassen).
Seltsam fand ich Andersons Publikumsanbiederung als er bei THE MEETING sagte, dass dies Lied wegen der Grenzöffnung verfasst worden wäre! Bitte? Das ist doch schon mindestens ein halbes Jahr vorher verfasst worden, wo an so was noch nicht zu denken war. Aber ok, Kassel lag damals in der unmittelbaren Nähe zur ehemaligen DDR_Grenze und wie oben schon berichtet, waren wohl viele von dort extra angereist.
Glückselig, nach Hause, mit den Gedanken in 4 Tagen noch mal das gleiche, nämlich in Frankfurt am Main, Festhalle am 16.11.1989. Hier gehen sonst bis zu 12.000 Zuschauer rein, weil aber wohl nicht die Original YES spielten, denn nur wo YES drauf steht…ach das hatte ich ja oben schon mal. Die Halle war mit einem Vorhang abgeteilt, ca. 6.000 Besucher waren dabei, im hinteren Zuschauerbereich hätte man locker Fußball spielen können.
Aus meiner Erfahrung habe ich einen Freund gewarnt, der nur wegen OWNER mit wollte, lass es sein, es wird nicht so werden, wie du denkst.
Der war so enttäuscht, wie die unplugged Version kam, er ist danach wieder heimgefahren, selbst Schuld. Aber die echten Klassiker kannte er sowieso nicht.
Das Setlist war unverändert, lediglich als zusätzliche Zugabe wurde SWEET DREAMS dargeboten.
Auf der einen Seite war ich begeistert (CLOSE usw. siehe oben) auf der anderen Seite doch genervt, es waren insgesamt für mich seltsame Konzerte, aber unvergessen.
Aber es kam noch seltsamer, nämlich 2 Jahre später mit der UNION TOUR (und AWAKEN), aber dazu beim nächsten Mal mehr……….
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