40 Jahre "Relayer" (VÖ: 28.11.1974)
Verfasst: Fr 7. Nov 2014, 22:23

Eines der "spezielleren" Yes-Alben feiert in diesem Monat sein 40-jähriges Bestehen: "Relayer" war im mehrfacher Hinsicht sehr speziell. Musikalisch war es von einer extremem Aggressivität, Härte und Schärfe geprägt (man höre sich nur einmal den Mittelteil von "Gates of Delirium" und vor allem "Sound Chaser" an) und ist daher bis zum heutigen Tag nur sehr schwer zugänglich für diejenigen, die Yes eher aufgrund des harmonischeren Schönklangs wie z.B. auf "Fragile", "Close To The Edge" oder "Going For The One" schätzen. Nichtsdestotrotz ist auch Platz auf dem Album für ebensolche harmonischeren Momente, so z.B. bei "Soon", dem Finale von "Gates Of Delirium" und dem Abschlusssong "To Be Over". Ingesamt ist es ein musikalisch durchaus vielfältiges Werk, das mit wohl so vielen musikalischen Einflüssen (Prog, Jazz Rock, Fusion, Musique concrete, Industrial, Weltmusik, Experimental Rock) aufwarten kann wie kein anderes Yes-Album. Trotz dieser musikalischen Bäumchen-wechsel-dich-Spiele der beteiligten Herrschaften ist zumindest der die erste (LP)-Seite von "Relayer" einnehmende Track "The Gates Of Delirium" auch heute noch ein Klassiker bei fast allen Yes-Hörern.
Ebenso gegensätzlich geht es textlich zu: Zeilen wie "Kill them, give them as they give us. Slay them, burn their children's laughter on to hell!" in "Gates..."hätte wohl niemand von dem bekanntlich sehr spirituellen, feinsinnigen und harmoniesüchtigen Jon Anderson erwartet. Lediglich im Schlussteil "Soon" und in "To Be Over" gibt es dann wieder ruhigere und versöhnlichere Textpassagen ["...our heart is open, our reason to be here...", "...time will heal your fear..."]. Der letzte Vers von "To Be Over" lautet denn auch "Be ready to be loved".
Ebenso ungewöhnlich war sicher der damals bei Yes eingestiegene Ersatz des im Sommer 1974 ausgestiegenen Rick Wakeman an den Keyboards: Nicht nur, dass Patrick Moraz als französischsprachiger Schweizer das erste nicht-britische Bandmitglied bei Yes war (es sollten nach späteren Besetzungswechseln noch Musiker aus Südafrika, den USA, Kanada und sogar Russland folgen), auch hatte er eher einen Jazz- und Fusiongeprägten Background und spielte somit deutlich anders als vor ihm Rick oder Tony Kaye. Zudem setzte er diverse Synthies nicht nur als Lead- sondern auch Begleitungsfunktion ein. Somit klangen nicht nur die Songs auf "Relayer" anders als vorher, auch die Songs der vorangegangenen Yes-Alben bekamen somit neues Leben eingehaucht. Von diesen Jazz- und Fusioneinflüssen ließen sich aber auch Chris Squire, Alan White und besonders Steve Howe in ihrer Spielweise anstecken.
Trotz seiner Besonderheit war auch dem siebten Yes-Album "Relayer" großer Erfolg vergönnt (Platz 4 im UK, Platz 5 in den USA und immerhin Platz 28 in Deutschland). Die beiden darauffolgenden Welttourneen waren ebenfalls im Nu so gut wie komplett ausverkauft. Erstmals spielten Yes vor allem in den USA auch in Stadien, so zum Beispiel während der gemeinsamen US-Tour mit u.a. Gentle, Giant, Renaissance, Gary Wright und Peter Frampton im Sommer 1976, die während der 200-Jahres-Feier der Unabhängigkeit der USA stattfand. Zwischen diesen beiden Tourneen realisierten zudem alle fünf damaligen Bandmitglieder auch ihre ersten Solo-Projekte, mit denen sie auch Achtungserfolge erzielen konnten.
Für kurze Zeit sah es auch so aus, als ob es in dieser gut eingespielten Besetzung so hätte weitergehen können, als sie sich nach den Tourneen im Herbst 1976 wieder für ein neues Album in Patrick Moraz' Schweizer Heimt trafen. Doch bandinterne Streitereien (vor allem wohl um die zukünftige musikalische Ausrichtung) führten letztendlich dazu, dass Patrick seinen Hut nehmen musste und sich die verbliebenen Yes-Mitglieder Rick Wakeman wieder in die Band holten. Nach einem weiteren Solo-Album nahm Patrick schließlich ein Angebot des von Mike Pinder freigemachten Keyboard-Postens bei den Moody Blues an.
"Relayer" markiert zudem auch das vorläufige Ende der Zusammenarbeit von Yes mit Haus und Hof-Coverdesigner Roger Dean, der erst 6 Jahre später für "Drama" wieder engagiert wurde. Dean selbst sieht das in Grau- und Brauntönen gehaltene Cover von "Relayer" bis heute als sein gelungenstes Werk für Yes an.
Auch im Yes-Lager selbst wird dieses runde "Relayer"-Jubiläum in diesem Jahr mit einer vom nimmermüden Steven Wilson neu abgemischten "40th Anniversary" begangen. Grund genug also, dieses Album auch hier im Forum entsprechend zu würdigen

Hier könnt ihr sowohl das Album als auch einzelne Songs bewerten, sowie für euren Lieblingssongs auf dem Album stimmen und euch die Textübersetzungen zu Gemüte führen:
http://yesforum.phpbb8.de/relayer-f45/
http://yesforum.phpbb8.de/textubersetzu ... rics-f243/
http://yesforum.phpbb8.de/yes-tracks-f1 ... t2894.html
http://yesforum.phpbb8.de/yes-tracks-f1 ... t2724.html
http://yesforum.phpbb8.de/yes-tracks-f1 ... t3030.html