Die GRATEFUL DEAD (und ihre „Nebenbands“) haben live immer sehr viele Songs gecovert – und das nicht nur in ihrer frühen Phase, als sie noch nicht sehr viel eigenes Material hatten. Dabei ist es ihnen, wie vielleicht keiner anderen Band gelungen, Respekt vor den Urversionen zu zeigen und dennoch den Titeln ihre eigene Note zu geben.
Bob Dylan sagte sogar in den 90ern: „ I started playing with The Dead and I realized that they understood [my] songs better than I did at the time.”.
Bob Dylans Karriere begann etwas früher als die der Grateful Dead. Er war der erste, der zeigte, dass man auch ernsthafte Texte zur Rockmusik singen kann und beeinflusste damit sehr viele Musiker seiner Generation. Die Grateful Dead waren aber wohl die einzigen, die 30 Jahre lang gleich zwei Lyriktexter beschäftigten, die nicht auf der Bühne standen, nämlich Robert Hunter und John Perry Barlow.
Jerry Garcia stand wohl erstmals 1980 mit Bob Dylan auf einer Bühne, als er als Gast bei Dylans Shows auf die Bühne des legendären Warfield Theatre in San Francisco kam. 1987 gingen Dylan und Grateful Dead gemeinsam auf Tour – Dylan war damals in schlechter körperlicher Verfassung, ständig betrunken vergaß er seine Texte und spielte Songs, die er vorher nicht geprobt hatte. Als Komponist litt er an einer Schreibhemmung. Die Tour und das dabei mitgeschnittene Livealbum gelten daher im allgemeinen als Tiefpunkt der Karriere der Dead und Dylans. Aber Bob Dylan fand durch diese Tour, durch die Spielfreude auf der Bühne, die er in der Band erlebte, zu sich zurück. Angeblich wollte er sogar den Grateful Dead beitreten - ein Wunsch, der freundlich, aber bestimmt zurückgewiesen wurde.
Die Zurückweisung scheint Bob Dylan der Band nicht übel genommen zu haben. Als Jerry Garcia am 9. August 1995 starb, war es Dylan, der für ihn sehr bewegende Worte fand:
“He was much more than a superb musician with an uncanny ear and dexterity. (...) He really had no equal”.
Garcia Plays Dylan enthält auf 2 CDs insgesamt 15 bisher unveröffentlichte Liveaufnahmen aus den Jahren 1973 bis 1995. Neun Songs sind von der Jerry Garcia Band, vier stammen von The Grateful Dead, je einer von Garcia-Saunders und Legion Of Mary. Wie nahezu alle Liveaufnahmen aus dem Archiv der Dead ist der Klang gut bis herausragend. Alle Songs waren bisher unveröffentlicht. Garcia gelingt es, die Songs mit seiner einzigartigen Gitarrenarbeit und seiner Stimme so zu interpretieren, dass man sie in einem neuen Licht sieht. Höhepunkt des Albums ist für mich die über 17minütige Zeitlupenversion von „Knockin’On Heavens Door“ - der Gegenentwurf zu Guns N’ Roses (die ihr Cover allerdings erst etwa 15 Jahre später einspielten). Großartig, beeindruckend sind aber auch „Positively 4th Street“, „ The Wicked Messenger “ und „Tangled Up In Blue“. Einzig „Mighty Quinn“ gefällt mir in der bekannten Version der Earth Band von Manfred Mann besser.
Dieses Album sollte in keiner ernsthaften CD-Sammlung fehlen – die Fans von „Yessongs“ sollten ruhig mal reinhören – ich sehe durchaus Gemeinsamkeiten zwischen den Klängen von „Roundabout“ oder „Your’s Is No Disgrace“ und dem, was Grateful Dead damals gespielt haben. Auch als Einsteig in das musikalische Universum der Dead sind diese über 120 Minuten geeignet. Ich gebe 13 von 15 Punkten.
Disc One
1) "It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry" – Garcia & Saunders 8:12
2) "Tough Mama" – JGB 9:17
3) "Positively 4th Street" – JGB 10:46
4) "The Wicked Messenger" – Legion of Mary 13:20
5) "Knockin’ On Heaven's Door" – JGB 17:15
6) "Simple Twist Of Fate" – JGB 10:58
7) "I Shall Be Released" – JGB 7:40
Disc Two
1) "When I Paint My Masterpiece" – JGB 14:00
2) "She Belongs To Me" – Grateful Dead 6:31
3) "Forever Young" – JGB 9:05
4) "Tangled Up In Blue" – JGB 11:48
5) "Señor (Tales Of Yankee Power)" – JGB 7:16
6) "Visions Of Johanna" – Grateful Dead 9:21
7) "Quinn the Eskimo (Mighty Quinn)" - Grateful Dead 5:15
8) "It’s All Over Now, Baby Blue" – Grateful Dead 7:07