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Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2012

Verfasst: Sa 7. Jul 2012, 22:28
von Wilson
25.06.12: TOM PETTY & THE HEARTBREAKERS (JONATHAN WILSON), Köln
30.06.12: TOM PETTY & THE HEARTBREAKERS, Mannheim
04.07.12: BRUCE SPRINGSTEEN, Paris
05.07.12: BRUCE SPRINGSTEEN, Paris


Selbst für mich als eifrigen und regelmäßigen Konzertgänger waren die vergangenen beiden Wochen etwas ganz Besonderes. Jeweils zwei Konzerte von TOM PETTY & THE HEARTBREAKERS und BRUCE SPRINGSTEEN & THE E STREET BAND standen an. Beide Bands höre und schätze ich seit über 25 Jahren, beide gehören zu meinen Lieblingskünstlern, beide werden zu den besten Livebands überhaupt gezählt. Bei Springsteen wusste ich schon, was mich erwartet, da ich ihn vor den beiden Auftritten in Paris bereits neun Mal gesehen hatte, davon sechs Mal mit der E Street Band. Bei Tom Petty mussten die Fans über 20 Jahre auf eine komplette Europatour warten. Ich hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, ihn noch live zu erleben. 1999 hat er ein einzelnes Konzert in Hamburg für den Rockpalast gespielt. Damals habe ich nicht einmal mitbekommen, dass er überhaupt in Deutschland war. Wer das Konzert kennt, weiß, dass das vielleicht der beste Auftritt der Rockpalastgeschichte war.

Tom Petty & The Heartbreakers spielten sich ca. 2 Stunden durch ein Programm ihrer bekanntesten Songs, einige Coverversionen und ein paar unerwartete Perlen wie „Something big“ und „I would be king“. Letzterer Song war an beiden Abenden der Höhepunkt für mich. Von den fünf Originalmitgliedern der Band sind immer noch vier dabei. Petty, Benmont Tench an den Keyboards und Mike Campbell, der begnadete Leadgitarrist spielen sogar seit über 40 Jahren zusammen. Sie waren vorher schon gemeinsam bei Mudcrutch. Ich habe tatsächlich noch nie, nicht einmal bei der E Street Band, die ja ähnlich lange besteht, ein so harmonisches Zusammenspiel auf der Bühne erlebt. Die minutenlangen Gitarrendialoge von Petty und Campbell bei „I would be king“, das Pianosolo von Tench bei „Learning to fly“ waren grandios. Dabei hat man nie das Gefühl, das sich jemand in den Vordergrund drängt. Es steht eine Band auf der Bühne, die eher zufällig nach ihrem Leadsänger benannt wurde. Das ist vielleicht der entscheidende Unterschied zu Springsteen und seiner E Street Band, bei der immer klar bleibt, wer der Boss ist.

Für das Konzert in Mannheim hatte ich für mich und meine Frau, die Tom Petty genauso lange hört und mag wie ich, extra Karten in der dritten Reihe (es gab nur Sitzplätze) mittig vor der Bühne über den Fanclub besorgt. Aber es kam anders als geplant. Eine Woche vor dem Auftritt wurde der Babysitter krank (glücklicherweise nichts Ernstes), worauf wir beschlossen haben, die Kinder mitzunehmen. Ich habe über Ebay noch zwei gute Tribünentickets bekommen, sogar leicht unterhalb des Originalpreises. Dort haben mein Sohn und ich Platz genommen, während meine Frau und meine zehnjährige Tochter das Konzert ganz vorne erleben durften. Für uns war das schon noch ein zusätzlicher emotionaler Höhepunkt, dass unsere Kinder mit dabei waren. Und die hatten auch sehr viel Spaß dabei.

Im Unterschied zu Springsteen ändert Petty die Setliste nur wenig von Auftritt zu Auftritt. Insgesamt wurden bei 27 Konzerten der Mojo 2012 Tour immerhin 40 verschiedene Songs gespielt. In Mannheim gab es nur eine Änderung zu Köln. Als zweite Zugabe wurde „Two men talking“ gespielt, ein unveröffentlichter Song, bei dem die Band noch einmal fast 12 Minuten lang ihre Klasse zeigte. Alles in allem war das Konzert in Mannheim noch etwas besser als in Köln. Der Sound war übrigens an beiden Abenden exzellent.

Die Magie eines Liveauftritts von Bruce Springsteen lässt sich nicht in Worte fassen. Auch die offiziellen und inoffiziellen Mitschnitte oder die guten DVDs der letzten Jahre aus Barcelona oder dem Hyde Park in London geben nicht ansatzweise wider, was ein Konzert des Boss ausmacht. Die Süddeutsche Zeitung hat 2003 über den Auftritt in Ludwigshafen geschrieben, dass drei Stunden Springsteen für viele Menschen mehr leisten können als eine religiöse Zeremonie oder eine Psychoanalye und damit ziemlich genau ins Schwarze getroffen.

Am ersten Abend in Paris war ich noch stimmungsmäßig nicht ganz angekommen – zu großartig waren die beiden Auftritte von Tom Petty ein paar Tage zuvor gewesen. Es war unglaublich heiß im Bercy in Paris (angeblich über 40°C). Die Klimaanlage war ausgefallen. Aber Springsteen schien das wenig auszumachen. Er hat seine Getränke von der Bühne aus ständig ins Publikum gereicht und sagenhafte 29 Songs gespielt. Das Konzert ging satte 3 Stunden und 25 Minuten lang – ohne Pause wohl gemerkt! Nach etwa einer Stunde ist der Funke auch bei mir übergesprungen. Es war ja der amerikanische Unabhängigkeitstag und aus diesem Grund hat der Boss u.a. „4th Of July, Asbury Park (Sandy)“ und „Independence Day“ gespielt. Bei den Zugaben gab es sogar „Born In The USA“ – nicht einer meiner Lieblingssongs, aber für mich eine Livepremiere, ebenso wie die beiden anderen Stücke, die sogar Tourpremieren 2012 waren.

Am zweiten Abend hat sich Springsteen dann noch einmal übertroffen und einen Auftritt für die Ewigkeit hingelegt. Das Konzert startete um 21:00 mit gleich sechs alten Songs in Folge: „The ties that bind“, „No surrender“, „Two hearts“, „Downbound train“ (!), „Candy's room“ (!!), „Something in the night“ (!!!). Danach hätte die Bnad schon wieder gehen können. Ich wäre trotzdem glücklich gewesen. Aber natürlich ging es weiter – „Incident on 57. Street“, „Racing in the street“, „For you“ (das wohl viele hier im Forum eher in der Coverversion von Manfred Man kennen) solo am Piano und, da war bereits Mitternacht (!), der größte aller Songs: „Thunder road“.

Vorbei war das Konzert damit immer noch nicht. Erst um 00:40, nach drei Stunden und vierzig Minuten wurde das euphorisierte, völlig erschöpfte Publikum in die Pariser Nacht entlassen. An den zwei Abenden in Paris hat Springsteen insgesamt über 7 Stunden gespielt - 60 Songs, davon 44 verschiedene. Er wird im September 63 Jahre alt, man hat das Gefühl, er sei mindestens 20 Jahre jünger. Es muss wohl an den Genen liegen. Am zweiten Abend saß seine Mutter auf der Tribüne in unmittelbarer Sichtweite von mir. Die etwa 90 Jahre alte Dame machte einen sehr rüstigen Eindruck und tanzte immer wieder mit. Auch Springsteens jüngere Schwester Pamela, die als Fotografin einige bekannte Albencover gestaltet hat, war übrigens mit dabei. Und seine Tochter kam bei „Dancing in the dark“ zum Tanzen mit auf die Bühne zu Papa und Mama (Patti Scialfa, Springsteen Frau, ist ja seit über 30 Jahren Backgroundsängerin bei der E Street Band).

Welches Konzert war jetzt besser? Schwer zu sagen - sicher ist, dass ich vier herausragende Auftritte gesehen habe. Mannheim und Paris 2 gehören wohl zu meinen Top 5 all-time.

Ein paar Tubes von den Konzerten:

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Re: Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2

Verfasst: Sa 7. Jul 2012, 22:36
von Wilson
Ein paar eigene Fotos (in Mannheim hatte ich die Kamera vergessen, in Köln nur ein paar Priobefotos von den Heartbreakers gemacht, weil ich ziemlich weit hinten im Oberang gesessen habe):

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Re: Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2

Verfasst: Sa 7. Jul 2012, 22:42
von Wilson
Und für die ganz Neugierigen noch die Setlisten ;)


25.06.12 / 30.06.12 TOM PETTY & THE HEARTBREAKERS, Köln/Mannheim

01 Listen to Her Heart
02 You Wreck Me
03 I Won't Back Down
04 Here Comes My Girl
05 Handle with Care
06 Good Enough
07 Oh Well
08 Something Big
09 Don't Come Around Here No More
10 Free Fallin'
11 It's Good To Be King
12 Carol
13 Learning to Fly
14 Yer So Bad
15 I Should Have Known It
16 Refugee
17 Runnin' Down a Dream

18 Mary Jane's Last Dance
19 I'm A Man (Köln)
19 Two men Talking (Mannheim)
20 American Girl

Springsteen Paris 1

01 We Take Care of Our Own
02 Wrecking Ball
03 Badlands
04 Death to My Hometown
05 My City of Ruins
06 Spirit in the Night
07 The E Street Shuffle
08 4th of July, Asbury Park (Sandy)
09 Jack of All Trades
10 Because the Night
11 Darkness on the Edge of Town
12 Johnny 99
13 Darlington County
14 Easy Money
15 Waitin' on a Sunny Day
16 The Promised Land
17 Apollo Medley
18 Independence Day (solo piano)
19 The River
20 The Rising
21 Out in the Street
22 Land of Hope and Dreams
23 We Are Alive
24 Born in the U.S.A.
25 Born to Run
26 Bobby Jean
27 Dancing in the Dark
28 Tenth Avenue Freeze-out
29 American Land

Springsteen Paris 2

01 The Ties That Bind
02 No Surrender
03 Two Hearts
04 Downbound Train
05 Candy's Room
06 Something in the Night
07 We Take Care of Our Own
08 Wrecking Ball
09 Death to My Hometown
10 My City of Ruins
11 Spirit in the Night
12 Incident on 57th Street
13 Because the Night
14 She's the One
15 Working on the Highway
16 I'm Goin' Down
17 Easy Money
18 Waitin' on a Sunny Day
19 Apollo Medley
20 For You
21 Racing in the Street
22 The Rising
23 Out in the Street
24 Land of Hope and Dreams
25 We Are Alive
26 Thunder Road
27 Born to Run
28 Glory Days
29 Seven Nights to Rock
30 Dancing in the Dark
31 Tenth Avenue Freeze-out

Re: Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2

Verfasst: Sa 7. Jul 2012, 23:54
von SOON
sehr starke Eindrücke! [smilie=thumbsup.gif]
In den 90ern habe ich viel Petty gehört aber seine letzten Alben The Last DJ und Highway Companion haben mich nicht erreicht.

Re: Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2

Verfasst: So 8. Jul 2012, 07:17
von Member Y
Sehr beeindruckend, Wilson.
Das hat sich für Euch ja wirklich gelohnt. Für Eure Kinder bestimmt ein unvergessliches Erlebnis.

Re: Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2

Verfasst: So 8. Jul 2012, 17:18
von Wilson
SOON hat geschrieben:sehr starke Eindrücke! [smilie=thumbsup.gif]
In den 90ern habe ich viel Petty gehört aber seine letzten Alben The Last DJ und Highway Companion haben mich nicht erreicht.
"Highway Companion" finde ich gut, das letzte Album "Mojo" ebenfalls. Ich finde, daß Tom Petty ein erstaunlich hohes Niveau hält - seine Studioalben in den letzten 20 Jahren sind sicher besser als die von Springsteen.

Auf WDR 2 kommt übrigens heute Abend ein Konzertmitschnitt ab 23 Uhr: http://www.wdr2.de/musik/tompetty112.html

Re: Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2

Verfasst: So 8. Jul 2012, 18:22
von rowoma
Toller Bericht, lieber Wilson - wäre ich nicht im Urlaub gewesen, ich wäre auch nach Mannheim gekommen, um Tom Petty zu sehen und hören - echt klasse Musik...

Re: Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2

Verfasst: Di 10. Jul 2012, 18:35
von Topographic
Dachte ich doch, dass echte Fans das Konzert ganz anders sehen, als dem Bericht unserer Provinzzeitung zu entnehmen war. Da hat man sich eher lustig gemacht über die ausgehungerte Gefolgschaft, die nach 20 Jahren bereit waren, jeden langweiligen Krach und Soundbrei frenetisch zu feiern. Ich glaube, wenn man den Zugang zu Tom Petty nicht gefunden hat, wird man von seinen Konzerten nichts haben, seien sie noch so rar. Danke für deinen Bericht!

Re: Tom Petty & Bruce Springsteen Live Köln/Mannheim/Paris 2

Verfasst: Di 10. Jul 2012, 19:42
von Wilson
topographic hat geschrieben:Dachte ich doch, dass echte Fans das Konzert ganz anders sehen, als dem Bericht unserer Provinzzeitung zu entnehmen war. Da hat man sich eher lustig gemacht über die ausgehungerte Gefolgschaft, die nach 20 Jahren bereit waren, jeden langweiligen Krach und Soundbrei frenetisch zu feiern. Ich glaube, wenn man den Zugang zu Tom Petty nicht gefunden hat, wird man von seinen Konzerten nichts haben, seien sie noch so rar. Danke für deinen Bericht!
Welche Zeitung war das denn? Ich habe eine ganze Reihe Kritiken gelesen, u.a. im Rolling Stone (Printausgabe), in der FAZ usw. und alle waren rundum positiv. Aber irgendjemand hat ja immer was zu meckern oder wäre am Samstag Abend halt lieber nicht Arbeiten gegangen ;) Gerade der Sound war in Köln auch im Oberrang hervorragend und in Mannheim nahezu perfekt.

Hier mal ein paar Links:

WDR 2
FAZ (Edo Reents)
regioactive.de
Diskussion über die Konzerte im Rolling Stone Forum