Premiere im Bergkeller – das erste Konzert einer Jazz-Band im Wohnzimmer des Prog in Deutschland und gleichzeitig die erste Europa-Tour die das Trio durch Europa führt.
Da darf man natürlich nicht fehlen und will einen Schlagzeug-Gott aus nächster Nähe auf die Finger schauen. Im Gepäck hat die Band auch das aktuelle Album „Approved“,
welches für 15€ für die Fans bereit liegt. Das Konzert ist für 20 Uhr angesetzt, aber im Bergkeller ist das manchmal, wie in anderen Ländern üblich, nur eine Zeitangabe
wann man spätestens da sein soll.
Die gute Stube füllte sich auch mit ganz jungem Publikum, überwiegend aber mit älteren Damen und Herren. Der männliche Anteil dominierte zwar, aber eine gute Anzahl
von weiblichen Zuschauerinnen fand auch in das Ambiente.
20.30 Uhr ging es dann los und die Band betrat die „Bühne“. Es war sofort klar, dass eine angenehme Konzert-Lautstärke herrschen würde und man die ganzen Feinheiten
des Spiels wahrnehmen kann. Es ist fast müßig zu erwähnen, dass das Trio aus herausragenden Musikern besteht, auch Chesters Mitstreiter spielen auf seinem hohen Niveau.
Da haben wir den Pianisten Joe Davidian, der bereits mit eigenen CDs glänzen kann und auch sein „eigenes“ Trio hat. Davidian hat mehrere Meistergrade an der Universität in
Florida durchlaufen. Sein Spiel ist sehr flüssig, akzentuiert und funkig. Mühelos verbindet er verschiedene Spiele, Taktarten und Tempi. Er reagiert sofort auf Nuancen seiner
Mitspieler und interagiert vorzüglich mit seinen Bandkollegen. Seine Fähigkeiten erinnern mich an die eines George Duke. Dazu passend ist natürlich auch Michael Rinne,
der den E und A-Bass bedient und wie Davidian eine unendliche Liste mit Musikern präsentieren kann, mit denen er wirkte.

Im Mittelpunkt der Band stand natürlich Chester Thompson, obwohl ihm das nicht passt. Chester ist bescheiden, will durch sein Spiel überzeugen und jedes Stück ist für ihn
eine Herausforderung. In seinen sparsamen Ansagen spürt man, dass er nicht der Entertainer sein will, er ist und gibt sich bescheiden und stellt seine Mit-Musiker heraus.
Thompson braucht man nicht zu erklären, in der Szene ist er hinreichend bekannt. Leider wird er sehr oft auf „Liveschlagzeuger von Genesis“ reduziert und das wird ihm in
keiner Weise gerecht, denn der Mann hat mit tausend andern Musikern, Bands gespielt und ist ganz nebenbei auch noch Dozent an der Belmont Universität.
Leider gab es auch im Bergkeller Konzertbesucher, zum Glück sehr wenige, die erwarten vom Trio Genesis-Musik. Für einige Fanatiker scheint es nur diese eine Band zu geben
und der Lebensinhalt von Chester Thompson muss natürlich sein, deren Songs zu interpretieren. Leute schaut mal über den Tellerrand hinaus! Im Bergkeller sind zwar
überwiegend Prog-Fans, der Großteil davon kennt sich (zum Glück) auch im Jazz aus und erwartet hier was Eigenes. Die Fans bekunden ihre Vorlieben natürlich auch durch
T-Shirts und das ist auch Chester aufgefallen, der sich schon nach dem 3. Stück äußerte: „Entschuldigt wir machen Jazz“.
 Zu meiner Freude hatte die Band schon nach wenigen Minuten die ganze Gemeinde hinter sich. Es gab ein gutes Programm von Songs hochwertiger Künstler und unendlich
viele kleine Ausflüge – sprich Improvisationen.
Chester Thompson war konzentriert, konnte seine anfängliche Nervosität gut verbergen, legte diese während des Konzertes aber völlig ab und das Lippenzusammenbeißen
mutierte zum breiten Grinsen. Michael und Joe geben Chester vor jedem Stück ein paar Sekunden Zeit, der Trio-Namensgeber versetzt sich in kürzester Zeit in eine Art Trance.
Diese nutzt er um die schwierigen Taktarten und Songinhalte zu verinnerlichen. Dann erfolgt die Takt- und Tempi-Vorgabe für die Band. Es ist herausragend mit welcher Akribie
hier Jazz zelebriert wird.


Ein abwechslungsreiches Set anspruchsvoller Stücke lieferte die Band gepaart mit eigenwilligen Arrangements ab:
Set 1:
ALL BLUES (Miles Davis)
STRAIGHT NO CHASER (Thelonious Monk)
STRAIGHT UP AND DOWN (Chick Corea)
TELL ME A BEDTIME STORY (Herbie Hancock)
FREEDOM JAZZ DANCE (Eddie Harris)
BLACK MARKET (Joe Zawinul)

Set 2:
SIMPLER TIMES (Michael Rinne)
HOW DEEP IS THE OCEAN (Irving Berlin)
FOLLOW YOU, FOLLOW ME (Banks, Collins, Rutherford)
NAIMA (John Coltrane)
PARTIDO ALTO (Jose Bertrame/Alexandre Malheiros)
YARDBIRD SUITE (Charlie Parker)
TOMBO IN 7/4 (Airto Moreira)
Zugabe:
BETTER GET HOT
Uwe Treitinger (Inhaber Bergkeller) war emotional berührt, denn einer seiner Heroen fand den Weg in sein zuhause. Für mich war es ein gelungener Abend. Dieser wurde noch
abgerundet, denn ein paar Worte konnte man noch mit Freunden und Musikern wechseln. Die Autogrammstunde wurde dankend angenommen und es gab natürlich auch noch
Gelegenheit für ein paar Bilder. Viele Fans ließen sich „Seconds Out“ als CD oder sogar LP signieren. Ich hoffe für die Zukunft auf weitere Jazz-Abende.
