
Um 20:15 Uhr kam Peter Gabriel alleine auf die Bühne, um ein paar einleitende Worte auf Deutsch zu sagen und Ane Brun vorzustellen. Die Norwegerin durfte zum Auftakt (leider nur) zwei Songs singen - „Ten Seconds“ und „Big In Japan“, bevor Gabriel und das New Blood Orchestra mit „’Heroes’“ den ersten Teil des Abends eröffneten.

Ich habe ja schon häufiger geschrieben, dass ich „Scratch My Back“ als Album nicht besonders schätze. Ich hatte es voher nur drei Mal gehört und dann enttäuscht weggelegt. Aber live auf der Bühne, wie ein Konzeptalbum in einem Block aufgeführt, war das ein Triumph, ein wirklich durchdachter und toll durchgeführter Entwurf. Die Höhepunkte waren für mich im ersten Teil „Listening Wind“ (Talking Heads) und „My Body Is A Cage“ (Arcade Fire). Nach insgesamt gut 70 Minuten endete der erste Teil des Konzerts.

Etwa 20 Minuten später ging es mit eigenen Songs weiter – „San Jacinto“ war gleich ein gelungener Auftakt, auch optisch, weil Gabriel den alten, aber immer noch ungeheuer wirkungsvollen Trick mit dem Spiegel wieder ausgegraben hat, der mich schon 1987 auf der „So“-Tour beeindruckt hatte. „Digging In The Dirt“ danach funktionierte leider mit Orchester üerhaupt nicht – nach der harten und aggressiven Liveversion 2007 war das für mich eine Enttäuschung. Auch „The Drop“ fand ich eher mittelmässig, aber das liegt wohl an der Qualität des Songs.

Aber danach folgten gute sechzig Minuten Magie, eine echte Sternstunde – „Signal To Noise“, sowieso einer der packendsten Songs, die Gabriel je geschrieben hat, riss die Halle im wahrsten Sinne des Wortes aus den Sitzen. „Downside Up“ hat Melanie Gabriel überzeugend gesungen, wenn sie auch sicher nie das Format einer Ane Brun erreichen wird. „Mercy Street“ und „The Rhythm Of The Heat“ waren dann die nächsten Höhepunkte. Vor allem bei „Rhythm“ hätte ich nie erwartet, dass der Song mit Orchester so toll rüberkommt. „Washing Of The Water“, „Intruder“, „Red Rain“ und “Solsbury Hill” beendeten den regulären Teil des Konzerts und bescherten mir weitere Gänsehautmomente.

Als Zugaben gab es “In Your Eyes”, “Don’t Give Up”, bei dem Ane Brun noch einmal ihre Klasse beweisen durfte, und „The Nest That Sailed The Sky“. Ich fand dieses Instrumental zum Ende eher ungünstig platziert und hätte mir hier vielleicht einfach eine umgedrehte Reihenfolge der drei Songs gewünscht, aber das ist Klagen auf hohem Niveau.

Es ist sicherlich nicht sinnvoll, dieses Konzert mit den bisherigen Auftritten von Peter Gabriel in der Vergangenheit zu vergleichen, aber ich muss sagen, dass er es wieder einmal geschafft hat, mich zu faszinieren. Fast vierzig Jahre nachdem er erstmals mit rotem Kleid und Fuchsmaske auf der Bühne stand, hat Gabriel vielleicht seine Vision von Rockmusik als audiovisuellem Gesamtkunstwerk vollendet. Übrigens war der Sound an meinem Platz sehr gut, ich weiß aber nicht, wie die Verhältnisse weiter hinten und auf den Tribünen waren.
