Dürfen Bands ihr Publikum politisch & religiös beeinflussen?

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JJG
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von JJG »

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Die Frage war:

Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflussen?

Für mich ein eindeutiges JA! Es wird hier ja nicht auf politische oder weltanschauliche Beeinflussung reduziert.
Was macht Musik/machen Konzerte für einen Sinn, wenn sie nicht beeinflusst/en? Das soll sie ja sogar! Das ist der Sinn der Kunst.

Wenn eine Band/ein Künstler eine politische Ansicht auf Konzerten oder in der Musik vertritt, dann darf sie das natürlich,
muss aber auch mit den Konsequenzen leben.

"Don't kill the whale" ist eine eindeutige Botschaft, die nicht unpolitisch ist.
"We are truth made in heaven, we are glorious" (Anderson/Stolt 2016)

Saaldorf

Max
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von Max »

Ich sehe das auch so wie viele hier. Meinungsäußerung ist ja immer eine (indirekte) Form der Beeinflussung.

Sobald aber vom Zuschauer ein Übernehmen der Meinung gefordert ist ("Wer mir Recht gibt, kniet sich bitte hin."), finde ich das sehr kritisch.

Der Musiker sollte zu verstehen geben, dass das, was er sagt, seine Meinung ist, die er aber anderen nicht auf penetrante aufzwingen will. Auch politische Ansagen vor Musikstücken können, müssen aber keinesfalls gelingen.

DocFederfeld
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von DocFederfeld »

Es gibt ja die bitterböse Satire zum Thema Beeinflussung des Publikums durch Musiker auf "The Wall" - bei "In The Flesh" erscheint statt des Rockstars Pink ein faschistischer Führer auf der Bühne und prügelt dem Publikum seine Parolen ein:

Pink isn't well, he stayed back at the hotel
And they sent us along as a surrogate band
We're gonna find out where you folks really stand.
Are there any queers in the theater tonight?
Get them up against the wall!
There's one in the spotlight, he don't look right to me,
Get him up against the wall!


Ausgangspunkt der Diskussion hier ist ja wohl die Botschaft von Carlos Santana an sein Publikum. Mit 43 Jahren kann mich mit Sicherheit kein Musiker in meiner Weltsicht beeinflussen. Ich störe mich nicht an esoterischem Quatsch und auch nicht an den christlichen Botschaften und Texten von Neal Morse (wenn man Bootlegs von den Bob Dylan Konzerten 1980 hört, geht das auch richtig militant - Dylan hat damals seinem Publikum die Hölle prophezeit, wenn es nicht zum Glauben findet :twisted: ).

Bei politischen Botschaften sehe ich es im Prinzip ähnlich - wenn Bono vor 97.000 Zuschauern in Paris über die Demokratiebewegung in Myanmar erzählt oder vom Ziel, das bis 2050 kein HIV-infiziertes Kind mehr auf die Welt kommt, finde ich das eher gut.

Bei Konstantin Wecker war ich früher auch häufig - wenn der irgendwelche Statements zur Legalisierung von Kokain abgegeben hat, fand ich das zwar dämlich, es hat mich aber nicht davon abgehalten, seine Konzerte klasse zu finden.

Rockmusik war immer auch Protest und die Texte waren oft ein Mittel, bestimmte Botschaften weiter zu verbreiten. Für mich ist das in Ordnung, ich kann zwischen dem Künstler, den ich schätze und der Privatperson, deren Meinung und Lebensstil ich nicht teile, gut unterscheiden.

Member X
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von Member X »

DocFederfeld hat geschrieben:Mit 43 Jahren kann mich mit Sicherheit kein Musiker in meiner Weltsicht beeinflussen.
Da sind aber nicht alle 43-jährigen ( :mrgreen: ) soweit, wenn ich mir die Altersstruktur und das Verhalten (vor allem) der (weiblichen) Konzertbesucher von gestern vor mein geistiges Auge hole. "Love and Light" brach es unison aus allen Mündern (jedenfalls ausgenommen bei meinem Sohn und bei mir) hervor. Bei dem sugestiven Einschwören ging es auch nie um die paar "Aufgeweckten", sondern um die dumpen Massen - ja, solche sind auch bei Santana.
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Royale
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von Royale »

JJG hat geschrieben:Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflussen?
Aber nur, weil man den Betreff nicht länger fassen darf ;)

Ich wollte durchaus auf politische & religiöse Beeinflussung hinaus. Dass eine Band, dass Musik, Publikum beeinflusst, ist ja klar.
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DocFederfeld
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von DocFederfeld »

soundmunich hat geschrieben:
DocFederfeld hat geschrieben:Mit 43 Jahren kann mich mit Sicherheit kein Musiker in meiner Weltsicht beeinflussen.
Da sind aber nicht alle 43-jährigen ( :mrgreen: ) soweit, wenn ich mir die Altersstruktur und das Verhalten (vor allem) der (weiblichen) Konzertbesucher von gestern vor mein geistiges Auge hole. "Love and Light" brach es unison aus allen Mündern (jedenfalls ausgenommen bei meinem Sohn und bei mir) hervor. Bei dem sugestiven Einschwören ging es auch nie um die paar "Aufgeweckten", sondern um die dumpen Massen - ja, solche sind auch bei Santana.
Da magst Du Recht haben :lol: - aber genau das Problem hat ja Roger Waters beschrieben - es gibt Leute, die würden alles nachplappern und tun :roll:
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SOON
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von SOON »

Ich wurde sicher schon von vielen Musikern beeinflusst.
Viele Künstler gaben mir schon Denkanstöße die mich dazu brachten mich mit Themen auseinanderzusetzen und mir eine Meinung zu bilden.
Ich würde eher die vorherrschende Spaßkultur kritisieren als den missionarischen Eifer von Carlos Santana.
Strange finde ich allerdings Leute die offensichtlich einfach nachplappern was ihnen vorgebtet wird.
Wenn alles nur pures Entertainment sein sollte dann Gute Nacht!

Für mich ist Musik als Weltsprache ein wichtiges Medium.
Sicher haben, z.B., in den USA Blues und Soulmusic mehr dazu beigetragen Rassenhass abzubauen als jede politische Entscheidung.
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DocFederfeld
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von DocFederfeld »

SOON hat geschrieben:Für mich ist Musik als Weltsprache ein wichtiges Medium.
Sicher haben, z.B., in den USA Blues und Soulmusic mehr dazu beigetragen Rassenhass abzubauen als jede politische Entscheidung.
Stimmt, aber da war wohl der Sport - insbesondere Jackie Robinson im Baseball, noch wichtiger.

Zurück zu den Botschaften ;) - Santana hat ja schon auf "Caravanserei" (1972) den Spruch eines indischen Yogi abgedruckt. Mich würde nur interessieren, ob er ihm treu geblieben ist oder gewechselt hat - so wie Van Morrison, der in kurzer Zeit vom Christentum zu Scientology übergeschwenkt ist :? und dann (No Guru, No Teacher) wieder allem abgeschworen hat.
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Aprilfrost
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von Aprilfrost »

Royale hat geschrieben:
JJG hat geschrieben:Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflussen?
Aber nur, weil man den Betreff nicht länger fassen darf ;)

Ich wollte durchaus auf politische & religiöse Beeinflussung hinaus. Dass eine Band, dass Musik, Publikum beeinflusst, ist ja klar.
BILD Dir Deine Meinung - meint ein verbreitetes Medium. Oder war gemeint: Übernimm meine Meinung? Jedenfalls ist, wie Royale schreibt, klar, dass wir beeinflusst werden. Und wer das leugnet, ist mindestens tot. Ich weiß nicht, ob man Politik und Religion zusammen behandeln kann oder ob da Unterschiede gemacht werden müssen/sollen.
Wir sind ja von dem Beispiel Carlos Santana ausgegangen und (bisher) einhellig der Meinung, dass wir das nicht okay finden. Was ist aber, wenn ein "Star" von der Bühne oder auf Medien verkündet: "Ich sehe das so und so... Ich bin der Überzeugung, dass... ; Ich glaube an... ; usw? Dann kann ich mir das anhören und darüber nachdenken, ihm zustimmen oder seinen Standpunkt ablehnen. Auch das ist ja Beeinflussung, denn ohne diesen Anstoß hätte ich vielleicht gar nicht darüber nachgedacht. Und es macht schon einen Unterschied, ob - meinetwegen - Peter Gabriel (der ist ja doch ziemlich bekannt) etwas sagt oder Fiete Müller vom Elektrizitätswerk (der sehr viel unbekannter wäre, wenn es ihn gäbe.)
Ich selbst hole mir gerne Anstöße aus Songtexten oder Interviews - ohne automatisch etwas zu übernehmen oder nachzuplappern. Würde ich "Tales from Topographic Oceans" nicht kennen, würde ich jetzt nicht die "Autobiographie eines Yogi" von P. Yogananda lesen. Ganz allgemein kann ich also sagen: ich lasse mich in dem, was ich tue (in diesem Fall: lese) tatsächlich von einem Musiker beeinflussen. Ob ich etwas damit anfangen kann, weiß ich aber erst, wenn ich das Buch gelesen habe - oder es nicht für Wert halte zu Ende gelesen zu werden.

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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von Member X »

Aprilfrost hat geschrieben:
Royale hat geschrieben:
JJG hat geschrieben:Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflussen?
Aber nur, weil man den Betreff nicht länger fassen darf ;)

Ich wollte durchaus auf politische & religiöse Beeinflussung hinaus. Dass eine Band, dass Musik, Publikum beeinflusst, ist ja klar.
BILD Dir Deine Meinung - meint ein verbreitetes Medium. Oder war gemeint: Übernimm meine Meinung? Jedenfalls ist, wie Royale schreibt, klar, dass wir beeinflusst werden. Und wer das leugnet, ist mindestens tot. Ich weiß nicht, ob man Politik und Religion zusammen behandeln kann oder ob da Unterschiede gemacht werden müssen/sollen.
Wir sind ja von dem Beispiel Carlos Santana ausgegangen und (bisher) einhellig der Meinung, dass wir das nicht okay finden. Was ist aber, wenn ein "Star" von der Bühne oder auf Medien verkündet: "Ich sehe das so und so... Ich bin der Überzeugung, dass... ; Ich glaube an... ; usw? Dann kann ich mir das anhören und darüber nachdenken, ihm zustimmen oder seinen Standpunkt ablehnen. Auch das ist ja Beeinflussung, denn ohne diesen Anstoß hätte ich vielleicht gar nicht darüber nachgedacht. Und es macht schon einen Unterschied, ob - meinetwegen - Peter Gabriel (der ist ja doch ziemlich bekannt) etwas sagt oder Fiete Müller vom Elektrizitätswerk (der sehr viel unbekannter wäre, wenn es ihn gäbe.)
Ich selbst hole mir gerne Anstöße aus Songtexten oder Interviews - ohne automatisch etwas zu übernehmen oder nachzuplappern. Würde ich "Tales from Topographic Oceans" nicht kennen, würde ich jetzt nicht die "Autobiographie eines Yogi" von P. Yogananda lesen. Ganz allgemein kann ich also sagen: ich lasse mich in dem, was ich tue (in diesem Fall: lese) tatsächlich von einem Musiker beeinflussen. Ob ich etwas damit anfangen kann, weiß ich aber erst, wenn ich das Buch gelesen habe - oder es nicht für Wert halte zu Ende gelesen zu werden.
Ausgehend von dem Santana-Beispiel ist das Thema auch nicht ganz glücklich formuliert. Wie hier schon mehrfach kundgetan wurde, ist die Beeinflussung auch von Bands auch auf Konzerten in vielerlei Weisen unumgängliche Tatsache und auch nicht zwingend von vorne herein schlecht.

Es ging aber vielmehr um die Aufforderung durch den Künstler, spontan eine zumindest Art Zustimmung (im Englischen hätte ich commitment verwendet) abzugeben, und zwar erstens im "Herdendrang", zweitens bei den meisten Besuchern unbewusst, drittens unter Ausnutzung seiner Person und der besonderen Konzertsituation und viertens mit einer gewissen sugestiven Wirkung. Ich weiß nicht, ob Manipulation so viel besser ist als Beeinflussung; eine Möglichkeit zur sprachlichen Trennung zwischen der normalen Wechselwirkung zwischen jedem von uns und seiner Umwelt einerseits und der gezielten, gepushten Meinungsveränderung andererseits wäre es ja.
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SOON
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Re: Dürfen/Sollen Bands ihr Publikum auf Konzerten beeinflus

Beitrag von SOON »

soundmunich hat geschrieben:
Es ging aber vielmehr um die Aufforderung durch den Künstler, spontan eine zumindest Art Zustimmung (im Englischen hätte ich commitment verwendet) abzugeben, und zwar erstens im "Herdendrang", zweitens bei den meisten Besuchern unbewusst, drittens unter Ausnutzung seiner Person und der besonderen Konzertsituation und viertens mit einer gewissen sugestiven Wirkung. Ich weiß nicht, ob Manipulation so viel besser ist als Beeinflussung; eine Möglichkeit zur sprachlichen Trennung zwischen der normalen Wechselwirkung zwischen jedem von uns und seiner Umwelt einerseits und der gezielten, gepushten Meinungsveränderung andererseits wäre es ja.
Also ich hätte mich davon nicht angesprochen gefühlt und hätte es wohl nur verwundert zur Kenntnis genommen.
Dass Carlos ein vergeistigter Typ ist ist ja schon lange bekannt und von daher auch nicht verwunderlich.
Es ist ja fast beeindruckend, dass er sein Glaubensding schon seit Jahrzehnten durchzieht obwohl er seinen Guru längst zum Teufel gejagt hat. :mrgreen:
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