Was ist Prog? :-)

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SOON
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von SOON »

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BBQ.Master hat geschrieben:Ich finde den Begriff "symphonic" total unpassend. Er verallgemeinert den Sound einer Band als stets "aufgeblasen" und mit voller Bandbreite, aber das trifft nur auf gewisse Stücke zu.
Der Begriff setzt sich ja aus "Symphonic - Progressive - Rock" zusammen und gibt m. E. nur musikalische Merkmale wieder.
Wer sich daraus Werturteile (Vorurteile) ableiten möchte kann das ruhig tun wie bei allen anderen Genre auch.
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Fragile
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von Fragile »

Ein alter ME-Artikel über Prog. Sicherlich streitbar, gerade, was Pink Floyd oder Mike Oldfield angeht.;)

11 Fakten über PROGRESSIVE ROCK

1.) Er hatte mal einen guten Namen. Progressive Rock (kurz: Progrock; für Freunde: Prog) bezeichnete in der "Goldenen Ära" von ca. 1969 bis Mitte der 70er das Bestreben abenteuerlustiger Bands, eingefahrene Strukturen zu transzendieren und - beeinflusst von Klassik, Folk, Jazz und Avantgarde - dahin zu gehen, wo nie ein Rock zuvor gewesen war. Prog war hip.

2.) Ohne Prog würden wir immer noch alle Rockabilly hören. Prog hatte seine Wurzeln bei Leuten wie den Beatles, Kinks, The Who, Brian Wilson, Jimi Hendrix, Frank Zappa, etc., die Mitte der 60er begannen, über den Tellerrand von Beat, R'n'B, Bluesrock hinauszuhorchen. Plötzlich war alles psychedelisch, dann machte einer die Kiste mit Tolkien, Kierkegaard, Miles Davis und Stravinsky auf. Viel Neuland ward erschlossen, auf dem sich heute einige unserer besten Bands tummeln. Und woher hätte Punk seine Wucht genommen, hätte es nicht den Mitte der 70er degenerierten Moloch Prog zu sprengen gegolten?

3.) Prog hat auch viel Unheil angerichtet. Ende der 70er war Progrock als Synonym für aufgeblasenes Streber-Gedudel zum Schimpfwort verkommen. Durch die Greuel der Enkel in den 80ern/90ern sind auch die Großtaten der 70er in Verruf geraten. Prog "geht gar nicht", sind sich weiter viele Hipster einig.

4.) Es ist Zeit für eine Rehabilitation des Prog. Finden z.B. die erklärten 70s-Prog-Fans The Mars Volta. Dafür könnten auch schwer proggende Leute wie Doves, Muse, Radiohead, Sigur Ròs, Elbow, Fiery Furnaces, Smashing Pumpkins, System Of A Down, Tool etc. eintreten. Aber man hat wohl Angst vor dem bösen Wort.

5.) Prog kann lange "Songs". Wenn er richtig loslegt, dann gern anhand durchkomponierter Suiten. Mike Oldfield's "Tubular Bells" (48:50 min.) und Jethro Tull's "A Passion Play" (44:50) und "Thick As A Brick" (43:50) füllten ganze Alben. Beliebter sind (vinyl-)albumseitenlange Stücke wie Emerson, Lake & Palmer's "Tarkus" (20:40), Pink Floyd's "Echoes" (23:31) und "Atom Heart Mother" (23:44), Genesis' "Supper's Ready" (22:51) und Van der Graaf Generator's "A Plague Of Lighthouse Keepers" (23:05). Die Könige der seitenlangen Songs sind Yes: Nach "Close To The Edge" (18:40) und vor "The Gates Of Delirium" (21:55) holten sie 1973 mit TALES FROM TOPOGRAPHIC OCEANS zum großen Schlag aus: Das 81 Minuten lange Doppelalbum umfasst ganze vier Stücke.

6.) Es ging nicht primär ums Fiedeln. Obgleich Prog für ausufernde Soli berüchtigt ist, ging es nicht hauptsächlich um Virtuosität, sondern um Komplexität und stilistische Expansion. Die frühen Genesis etwa verstanden sich vor allem als Songwriter mit eher bodenständiger technischer Begabung.

7.) Es ging schon auch ums Fiedeln. Prog lebte nicht zuletzt von exzentrischen Instrumentalisten. Für Yes' "Close To The Edge" und "Awaken" brachte Rick Wakeman eine ausgewachsene Kathedralenorgel ins Spiel. King Crimson-Mastermind Robert Fripp entwickelte seine eigenen Effektgeräte, die "Frippertronics". Mike Oldfield spielte fast alle ca. 20 Instrumente auf TUBULAR BELLS selber, in 1.800 Takes. Rush-Drummer Neil "The Professor" Peart's urwaldesk unüberschaubarer Kit gab den eigenen Bandkollegen Rätsel auf. Keith Emerson ließ sich die Synthesizer , die er live ad nauseatum zerorgelte und auch mal mit dem Messer bearbeitete, state-of-the-art-mäßig von Moog direkt bauen.

8.) Prog tut gern ernst. Songs über Sex und schnelle Autos gab's ja schon: Progger wie Yes, King Crimson, Gentle Giant und Rush zogen Inspiration aus gravitätischer Fantasy/SciFi-Literatur. Philosophie, Mythen oder wandten sich - gern in Konzeptalben - Themen wie Existentialismus und Wahn (Floyds DARK SIDE OF THE MOON) und der Entfremdung im Technikzeitalter (Genesis' SELLING ENGLAND BY THE POUND, ELPs BRAIN SALAD SURGERY) zu. Van der Graaf Generator sangen über die Inquisition, Rick Wakeman vertonte mit Orchester Jules Verne's JOURNEY TO THE CENTRE OF THE EARTH. Und The Mars Volta heute? Frag nicht nach Sonnenschein.

9.) Prog hatte schräge Klamotten. Peter Gabriel's Bühnenkostüme bei Genesis - von Fuchs- und Sonnenblumen-Masken bis hin zum unförmigen Kostüm des Slipperman, das es ihm fast unmöglich machte, in sein Mikro zu singen - waren seinen Bandkollegen zunehmend peinlicher. Rick Wakeman rödelte im wogenden Zauberer-Cape in seiner Synthie-Burg herum. Jethro Tull pflegten den "Verarmte Landedelmänner aus dem 18. Jahrhundert"-Look, und Keith Emerson lief gern im silbernen Neopren-Ritterrüstung-Anzug auf.

10.) Punk hasst Prog. Nicht so sehr. John Lydon und Mark E. Smith waren Van-der-Graaf-Fans, Lydon trug zwar sein "I Hate Pink Floyd"-T-Shirt, gestand aber später, Floyd gemocht zu haben. Heute gehen Punk/Alternative-Sensibilität und Prog-Experimentierfreude frei von Ideologie aufs schönste Hand in Hand; siehe Radiohead, The Mars Volta, Elbow etc.

11.) Prog muss man probiert haben. Hier ein paar Schnupper-Tipps:

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Roland
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von Roland »

Danke für die Tipps, ich freue mich stolzer Besitzer und Kenner sämtlicher Beispiele zu sein.
Juchu, scheinbar bin ich richtig hier. :P
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Aprilfrost
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von Aprilfrost »

Roland hat geschrieben:Danke für die Tipps, ich freue mich stolzer Besitzer und Kenner sämtlicher Beispiele zu sein.
Juchu, scheinbar bin ich richtig hier. :P
Danke für die Tipps, ich freue mich auch stolzer Besitzer und Kenner sämtlicher Beispiele zu sein.

hans
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Re: Euer täglicher Musikclip!!

Beitrag von hans »

[youtube]iyPnNsY_0Pc[/youtube]

"Clip" ist untertrieben, aber ich finde keinen passenden Thread dafür. Sehr interessante Doku mit vielen Statements, u.a. auch aus dem Yes-Lager.
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SOON
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von SOON »

hab diese tollen Clip mal hierher geschoben.

Auch wenn die Proggeschichte, wie immer, nur über die 10 gleichen, bekannten Bands erzählt wird, ist es schön mal die Protagonisten selbst dazu zu hören.
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Fragile
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von Fragile »

16. Sep 2009, 22:22 » DocFederfeld hat geschrieben:Natürlich kann man witzig und ironisch über Prog schreiben, aber das geht anders.
Zum Beispiel so:

http://www.cracked.com/funny-2359-progr ... z1boSfcXBx

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nixe
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von nixe »

12. Mai 2010, 22:42 » SOON hat geschrieben:Die Menschheit mag Schubladen.
Diese Übersicht finde ich recht plausibel.

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So, der Anfang sieht doch ganz ordendlich aus: Jazz, Rock & Klassik als GrundBausteine, dazu noch etwas Folk & Country, mal mehr, mal weniger, ja R&B & Avantgarde nur nicht vergessen, sonst gibt*s schon mal kein Kraut & ähnliches! & jede Band bedient sich individuell. Ja, als VorStufe europäische Psychedelic & dann, was ist Prog & was ist Art, denn wir nannten es ArtRock! Was gibt*s denn daran auszusetzen: KunstRock, verschnörkelte Formen & veränderlich? Ist nicht alles veränderlich? Sogar der Mainstream: es gibt Sachen aus den 80-ern, die man sich heute sogar anhören kann; es reift!
Symphonic; heißt doch nicht immer Orchester, oder doch? Sollte man es eingrenzen? Was ist dann mit symphonischer Dichtung, wenn man nur die Strukturen nimmt, ohne Orchester; da gibt*s genug Beispiele, nur warum mir jetzt nix einfällt, ist mir auch unklar! PompProg können wir getrost streichen, wir sind doch nicht im KinderGarden!!! ProgPop ist da schon eher machbar, weil eigentlich poppig aber mit Niveau, sind schon erwähnt worden. Neo & Retro, naja, da wird*s selbst mir zu bunt, da reicht auch eine Bezeichnung, nur welche?
Kategorien müssen sein, um es einzugrenzen, wenn man z.B. jemand was erklären will.
War noch was? Wie? Verstehe nicht? nochmal! Aha, nicht soviel schreiben!!! ah, danke für den Tip; Schluß! :aufgeben: Ein bißchen Spaß muß sein!!! :boys_lol:
Tschüß
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von SOON »

7. Apr 2014, 12:21 » anixek hat geschrieben: War noch was? Wie? Verstehe nicht? nochmal! Aha, nicht soviel schreiben!!! ah, danke für den Tip; Schluß! :aufgeben: Ein bißchen Spaß muß sein!!! :boys_lol:
da sage noch wer, Proggies hätten kein Humor! :boys_0126:
anixek hat geschrieben: was ist Prog & was ist Art, denn wir nannten es ArtRock! Was gibt*s denn daran auszusetzen: KunstRock, verschnörkelte Formen & veränderlich? Ist nicht alles veränderlich?
Art Rock war ein Term, mit dem man sich in den 60ern und 70ern vom Schlager abheben wollte. (Rockmusik als Kunscht!)
"progressiv" war zu jener Zeit eher das Bewusstsein einer neuen Generation von Musikern.
Progressive Rock wurde eigentlich erst später daraus.
In dieser Abbildung -Stand 1998- dient es der Genauigkeit, um nicht komplexe Musik (YES, King C., Gentle Giant usw.) mit poppigen Bands mit kunstsinnigem Musikverständnis, in einen Topf zu werfen.
anixek hat geschrieben: Symphonic; heißt doch nicht immer Orchester, oder doch? Sollte man es eingrenzen? Was ist dann mit symphonischer Dichtung, wenn man nur die Strukturen nimmt, ohne Orchester; da gibt*s genug Beispiele, nur warum mir jetzt nix einfällt, ist mir auch unklar!
Unter Symphonic Prog verstehe ich Bands wie YES oder ELP die mittels moderner Technik sinfonische Klangmassen erzeugen.
oder auch Strukturen aus der Klassik oder historisches Instrumentarium einsetzten.
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nixe
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von nixe »

7. Apr 2014, 17:43 » SOON hat geschrieben:
7. Apr 2014, 12:21 » anixek hat geschrieben: War noch was? Wie? Verstehe nicht? nochmal! Aha, nicht soviel schreiben!!! ah, danke für den Tip; Schluß! :aufgeben: Ein bißchen Spaß muß sein!!! :boys_lol:
da sage noch wer, Proggies hätten kein Humor! :boys_0126:
Schön, das es schon mal bei Dir als Gag ankahm, wollte es schon wieder löschen! Jetzt muß es nur noch Frosty auch sein OK geben, denke ich doch, dann ist doch wieder alles klar, auf der Andrea Doria.

Aber das Thema ist noch lange nicht ausgereizt, denn die 80-er haben doch diemeisten Bands in Richtung Mainstream getrieben & die Fans mußten mit!
Schwieriger wird es, wenn neue Bands mit ihren vermeintlichen Vorgängern verglichen werden, sehr gerne geschieht das mit Pink Floyd. Solche Vergleiche hinken immer!
Vieleicht sollten wir unseren eigenen StammBaum machen, bin gespannt, was dabei rauskommt???
Kansas bitte in die 70-er!
Kansas waren für mich US-Prog, mehr als Zappa, wohl bemerkt in den 70-ern, durch ihre Art der Symphonic!
Ich weiß, das hinkt auch, klärt mich auf, wie ihr das seht.
Tschüß
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Re: Was ist Prog? :-)

Beitrag von Oldenburg91 »

Ein Problem dieser Zuordnungen sehe ich darin, dass es fast nur Progbands geben wird, die sich nicht auf einen "Prog-Unterstil" festlegen lassen. Da muss man von Album zu Album, z.T. sogar von Song zu Song unterscheiden. Ganz davon abgesehen, dass viele der genannten Stilarten terminologisch überhaupt nicht einheitlich bezeichnet werden. Da herrscht totales Begriffschaos.
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