Mannimanaste hat geschrieben:
Seit ich nun mehr Abstand zum Konzert-Erlebnis habe, verstärkt sich mein Gefühl mehr und mehr, dass ich YES nicht als YES akzeptieren will und werde, solange Jon Anderson nicht der Sänger ist.
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Für mich hat es sich jetzt, ein Jahr nach dem Karlsruhe Konzert heraus kristallisiert, dass ich YES als gestorben betrachte, solange Jon nicht dabei ist, und dass ich auf dieser Basis weder ein neues Konzert erleben, noch ein neues Album hören möchte.
Aber vielleicht bin ich ja einfach nur alt und unflexibel geworden...
Viele Grüße,
Martin
Mir geht es ja ähnlich - Jon ist um ein Vielfaches prägender als jeder andere Musiker, der jemals bei YES mitgewirkt hat.
Das Problem ist tatsächlich das Alter - unser Alter. Die Abschiede mehren sich - und man muss wirklich lernen Abschied zu nehmen. Von manchen Zielen, Aktivitäten, Gewohnheiten, gesundheitlichem Befinden, lieben Menschen und so manchem, das uns in der Sozialisation so geprägt hat. Das zu akzeptieren ist nicht immer leicht.
YES und ihre Musik gehören bei mir zur Sozialisation. Die Konzerte 2009 ohne Jon (und Rick) waren zunächst schlimm - auch, weil die Musiker sichtlich gealtert sind und in ihrer Livepräsenz verglichen mit 2004/2005 sehr nachgelassen hatten.
Andererseits - ich hatte Tickets für ein YES-Tribute-Konzert, zu dem Steve Howe als Gast auftreten sollte - und mochte die Youtubeaufnahmen. Ich war bei Alan White, der mit einer Hausband in Ludwigsburg YESTitel spielte - und es war klasse. Ich war bei YOSO und hab ihre Interpretation von "Open Your Eyes" erlebt - wirklich großartig. Die Flower Kings mit ihrer Interpretation von "Soon" - ich war tief beeindruckt.
Hängt es also tatsächlich am Bandnamen "YES"? Würde man ein Konzert als HSW, die sich eben zwei Musiker geholt haben, um ihre YESSongs zu spielen, gefühlsmäßig positiver aufnehmen? Durchaus möglich - aber rational kaum nachvollziehbar.
Wir Menschen sind auch so geprägt, unsere "Helden" live sehen zu wollen. Für eine zweistündige Begegnung mit Idolen - sei es Musik, Sport, Literatur, Film... - nehmen wir lange Anreisen in Kauf (und viel Geld - Meet & Greet mit Rihanna auf ihrer Tour 2011 kostet immerhin 500 Euro - und die Tickets gehen weg!).
Eigentlich wichtig aber ist ihr kulturelles Schaffen und Wirken - das hat uns wesentlich mehr beeinflusst und bleibt auch nachhaltiger, als kurze Begegnungen oder Konzerterlebnisse aus zig Metern Entfernung.
Was YES betrifft - für mich bleiben die Songs. Mag sie jeder interpretieren, wie er will. Die Originale des Classic-Lineups höre ich mir über meinen Kopfhörer an. Das Konzerterlebnis aber lasse ich mir nicht nehmen. Ein Abend voller gut gespielter YESSongs - das ist okay. Jon fehlt, ja, das prickelnde Konzertgefühl auch - aber das Leben geht weiter und ich möchte nicht in der Vergangenheit stecken bleiben. Was sollten etwa Pink Floyd Fans machen? Nicht mehr zu Gilmour gehen, weil er seine PF-Songs nun auch noch ohne Rick Wright spielen muss? Nicht zu Roger Waters, weil er The Wall durch gänzlich andere Musiker interpretieren lässt? Warum finden PF-Tribute-Shows so einen großen Anklang? Es ist vor allem die Musik. Wenn sie live durch die Originale gewürzt wird - viel besser, klar. Aber - alle werden älter, da muss man loslassen können.
Also, gönne dir die YESMusik, authentischer wirst du sie kaum noch live erleben können. Und gib den Musikern eine Chance - vielleicht machen sie ja doch ein gutes Album, auch ohne Jon und Rick. Halt anders... Und dann heißt es weiterziehen, Neues entdecken, neue Ziele setzen. Mit diesem Forum fiel mir das wesentlich leichter - die Fülle an unglaublich guter Musik, die ich hier kennengelernt habe, lässt mir eigentlich gar keine Zeit, traurig zurück zu blicken. Na, manchmal vielleicht...