
Will man Musik beschreiben, so sind mathematische oder physikalische Formeln nicht wirklich hilfreich.
Aber vielleicht gibt es logische Folgen wie diese: England – Oldfield, Österreich – Gandalf, Schweiz –
Vollenweider, Deutschland – ?
Genau The Healing Road ist dann die richtige Antwort. Das Projekt um Hans Hess und seine langjährigen
Weggefährten wie Roland Enders und Thommy Frank hat ein neues Album vorgelegt.“Backdrop“ ist der
Nachfolger zu „Tales From The Dam“ und knüpft nicht nur musikalisch an den Vorgänger an, sondern hält
auch dessen hohes Niveau.
„Backdrop“ bietet (musikalische) Gezeiten wie das Meer am Strand. Mal aufbrausend, dann wieder sanft,
werden unendlich viele Melodien ans Land geworfen, wieder eingefangen und dann in veränderter Konstellation
wieder zu Gehör gebracht. Die verschiedenen Instrumente wirken wie ein Farbspiel mit millionen Nuancen,
ohne überladen zu sein. Niemals grell oder verwaschen wirken die Töne auf den Zuhörer ein.
„Backdrop“ hat eine wohltuende LP-Länge und ist lediglich in zwei Teile gegliedert. Man geht auf die Reise
und kann die vielen kleinen Geschichten erahnen, die seit der Kindheit das Leben des Multiinstrumentalisten
Hanspeter Hess bestimmen. Die musikalische Symphonie bietet natürlich Parallelen zum Meister Oldfield,
aber auch zu den bereits Benannten der logischen Folge, ohne ihn zu kopieren. Alles fließt in einem Kontext,
selbst die unterschiedlichsten Klänge werden in eine musikalische Einheit gebracht und zu einem Gesamtkonzept
verwoben.
Teil 1 der Hintergrundreise ist ein wenig dramatischer als Nr. 2. Dafür kommt No 2 noch positiver daher.
Herausragend sind die Gitarrenparts, sowohl die elektrischen als auch die akustischen Melodien. Das Werk
bietet natürlich auch Überraschungen wie den Schlussteil mit Gesangspart. Wohltuende Flöten, Akkordeon,
akustische Gitarre und Perkussion kommen sehr folkig daher und der Text widerspiegelt die Natur- und
Heimatverbundenheit des Sängers. Natürlich auch mit einer gehörigen Portion Selbstironie, welche den Zuhörer
auch schmunzeln lässt. Den Abschluss bildet dann ein schöner Lagerfeuerabend und auch das Haustier bringt sich ein.
Ein Album für altbackene Proggies, die den guten alten Zeiten hinterher trauern? Weit gefehlt, selbst meine
Tochter mit ihren fast 11 Lenzen ist vom Album angetan. Kein Album für eine lange Autofahrt oder eine Städtereise,
dafür für einen langen Herbstspaziergang, Naturbeobachtungen oder die Reise ins eigene Ich ist es optimal.
Für mich gehört es zu den musikalischen Highlights des turbulenten Jahres 2011 und wird auch nicht in meinem CD-Regal
einstauben. Es ist wiedermal erstaunlich, was The Healing Road gezaubert hat – mich hat es jedenfalls bezaubert.