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Falls mich jemand sucht, ich bin sehr in dieses Buch versunken:Neu im Bücherregal
Re: Neu im Bücherregal
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Ist da unten die Relayer-Schlange im Spiel?
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Re: Neu im Bücherregal
Nein, die Relayer-Schlange hat ein ganz anderes, nämlich rautenförmiges Muster.
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Re: Neu im Bücherregal
Ich hab gerade den schon über 20 Jahre alten Erstling von Matt Ruff gelesen. Der Mann schreibt einfach genial. Fool on the hill ist ein sprachlich großartiger Parforceritt durch die unterschiedlichsten Genre, wirbelt das Campusleben mit einem Feuerwerk an Ideen so richtig durch die 576 Seiten, dass es ein wunderbarer Lesegenuss ist – vorausgesetzt man mag diese Mischung an Surrealem, Fantastischem (die Tolkinfans werden reichlich bedient), Fatalistischem und Verträumten. Einfach irre.
Da Matt Ruff ziemlich lange an einem Buch schreibt, hat er bisher auch nur vier Romane veröffentlicht. Wer Ruff tatsächlich noch nicht kennt, aber mal testen will, dem sei „Ich und die anderen“ empfohlen, die Geschichte eines jungen Mannes mit multipler Persönlichkeit, der mithilfe eines angelegten „Hauses“ Ordnung in seinem Gehirn und somit in seinen Alltag bringt – oder das zumindest versucht (Original: „Set this House in Order“). Dabei erfahren wir nicht nur die ziemlich heftige Geschichte um die Entstehung der multiplen Persönlichkeit, auch die Teilpersonen werden aufs Genaueste charakterisiert und als Leser lebt man in einem Wechselbade überzeugend entwickelter Gefühlen, wie es seinesgleichen in anderen Romanen sucht. Nachdenklich, humorvoll, traurig, tiefgründig – die Geschichte nimmt einen mit. Ein intensives und nachhaltiges Leseerlebnis. Tolles Buch.
Ziemlich schräg kommt dagegen wieder „G.A.S. – Die Trilogie der Stadtwerke“ daher – ein in kein Genre einzuordnender Roman, der in turmhohen Häuserfluchten ebenso wie in der Kanalisation des Manhattan im Jahr 2023 spielt – bevölkert von skurrilsten Figuren. Neben einer wilden Hatz zwischen Supercomputern (gasphasiger analoger Supercomputer), mutierten Haien, Elektro-Negern, J. Edgar Hoover oder Walt Disney, die selten dem Lesewunsch nach Struktur und Stringenz nachgibt, sondern eher wie ein buntes Comic wirkt, erfährt man noch jede Menge über die amerikanische Wirtschaftsheilige Ayn Rand. Ein Cocktail in allen Farben und Geschmacksrichtungen - ziemlich wild.
Sein bisher neustes Buch – Bad Monkeys – ist für Ruffs Verhältnisse mit 230 Seiten recht schmal ausgefallen – hat es aber komprimiert in sich. Die Lebensgeschichte von Jane, die einst von der Geheimorganisation „Bad Monkeys“ rekrutiert wurde, wird in einem „Verhörraum“ einer Gefängnispsychatrie in Nevada gespiegelt – dabei entstehen eine Vielzahl an wahrscheinlichen, erfundenen und realen Geschichten, dass einem die Frage nach Identität und Realität sämtliche grauen Gehirnzellen auf Trab hält. Als ich das Buch 2008 las, hab ich parallel dazu ein fast sechzigseitiges Streitgespräch zwischen zwei Lesern in einem Forum verfolgt, das die ganze Vielschichtigkeit dieses Buches reflektierte. Kein Buch, das man nach dem Lesen einfach weglegt.
Im Februar 2012 erscheint endlich Matt Ruffs fünftes Buch „The Mirage“ – die Übersetzung wird dann noch mal ein paar Monate dauern. Freu mich drauf!
Da Matt Ruff ziemlich lange an einem Buch schreibt, hat er bisher auch nur vier Romane veröffentlicht. Wer Ruff tatsächlich noch nicht kennt, aber mal testen will, dem sei „Ich und die anderen“ empfohlen, die Geschichte eines jungen Mannes mit multipler Persönlichkeit, der mithilfe eines angelegten „Hauses“ Ordnung in seinem Gehirn und somit in seinen Alltag bringt – oder das zumindest versucht (Original: „Set this House in Order“). Dabei erfahren wir nicht nur die ziemlich heftige Geschichte um die Entstehung der multiplen Persönlichkeit, auch die Teilpersonen werden aufs Genaueste charakterisiert und als Leser lebt man in einem Wechselbade überzeugend entwickelter Gefühlen, wie es seinesgleichen in anderen Romanen sucht. Nachdenklich, humorvoll, traurig, tiefgründig – die Geschichte nimmt einen mit. Ein intensives und nachhaltiges Leseerlebnis. Tolles Buch.
Ziemlich schräg kommt dagegen wieder „G.A.S. – Die Trilogie der Stadtwerke“ daher – ein in kein Genre einzuordnender Roman, der in turmhohen Häuserfluchten ebenso wie in der Kanalisation des Manhattan im Jahr 2023 spielt – bevölkert von skurrilsten Figuren. Neben einer wilden Hatz zwischen Supercomputern (gasphasiger analoger Supercomputer), mutierten Haien, Elektro-Negern, J. Edgar Hoover oder Walt Disney, die selten dem Lesewunsch nach Struktur und Stringenz nachgibt, sondern eher wie ein buntes Comic wirkt, erfährt man noch jede Menge über die amerikanische Wirtschaftsheilige Ayn Rand. Ein Cocktail in allen Farben und Geschmacksrichtungen - ziemlich wild.
Sein bisher neustes Buch – Bad Monkeys – ist für Ruffs Verhältnisse mit 230 Seiten recht schmal ausgefallen – hat es aber komprimiert in sich. Die Lebensgeschichte von Jane, die einst von der Geheimorganisation „Bad Monkeys“ rekrutiert wurde, wird in einem „Verhörraum“ einer Gefängnispsychatrie in Nevada gespiegelt – dabei entstehen eine Vielzahl an wahrscheinlichen, erfundenen und realen Geschichten, dass einem die Frage nach Identität und Realität sämtliche grauen Gehirnzellen auf Trab hält. Als ich das Buch 2008 las, hab ich parallel dazu ein fast sechzigseitiges Streitgespräch zwischen zwei Lesern in einem Forum verfolgt, das die ganze Vielschichtigkeit dieses Buches reflektierte. Kein Buch, das man nach dem Lesen einfach weglegt.
Im Februar 2012 erscheint endlich Matt Ruffs fünftes Buch „The Mirage“ – die Übersetzung wird dann noch mal ein paar Monate dauern. Freu mich drauf!
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Re: Neu im Bücherregal
Habe ich im Urlaub gelesen. Witzigerweise fängt es an mit einem Mord im Budenheimer Wald an. Sonstige Schauplätze sind die Mainzer Innenstadt und die Loreley. Der Autor hat jedenfalls absolut genaue Ortskenntnisse, das konnte ich problemlos nachvollziehen.
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Re: Neu im Bücherregal
Na, dann werde ich Deiner Empfehlung mal folgen und "mich und die anderen" mit nach Italien nehmen. Und wehe, es gefällt mir nicht!!!topographic hat geschrieben:Da Matt Ruff ziemlich lange an einem Buch schreibt, hat er bisher auch nur vier Romane veröffentlicht. Wer Ruff tatsächlich noch nicht kennt, aber mal testen will, dem sei „Ich und die anderen“ empfohlen ...
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Re: Neu im Bücherregal
Dann les ich zur Strafe ein Buch, das du mir empfiehlst. Oder ich schick dir zur Wiedergutmachung 'ne DVD vom Forumstreffen, die Sequenz, wenn unser Überraschungsgast dann den geschätzten SOON besingt...Aprilfrost hat geschrieben:Na, dann werde ich Deiner Empfehlung mal folgen und "mich und die anderen" mit nach Italien nehmen. Und wehe, es gefällt mir nicht!!!topographic hat geschrieben:Da Matt Ruff ziemlich lange an einem Buch schreibt, hat er bisher auch nur vier Romane veröffentlicht. Wer Ruff tatsächlich noch nicht kennt, aber mal testen will, dem sei „Ich und die anderen“ empfohlen ...
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Re: Neu im Bücherregal
Glück gehabt, topo! Du musst Dich durch keinen von mir empfohlenen Wälzer quälen. "G.A.S." habe ich im Urlaub genossen, jetzt bin ich bei "Ich und die anderen", was mir noch mehr gefällt (auch wenn es psychologisch haarsträubend ist). Die anderen Bände von M. R. werden dann folgen, damit ich im Februar fit für den Neuling bin.topographic hat geschrieben:Dann les ich zur Strafe ein Buch, das du mir empfiehlst.Aprilfrost hat geschrieben:Na, dann werde ich Deiner Empfehlung mal folgen und "mich und die anderen" mit nach Italien nehmen. Und wehe, es gefällt mir nicht!!!topographic hat geschrieben:Da Matt Ruff ziemlich lange an einem Buch schreibt, hat er bisher auch nur vier Romane veröffentlicht. Wer Ruff tatsächlich noch nicht kennt, aber mal testen will, dem sei „Ich und die anderen“ empfohlen ...
Re: Neu im Bücherregal
"Ich bin wie ihr."
Eine oft sehr drastische, aber auch sehr nachdenkliche und reflektierte, differenzierte fiktive Biographie eines promovierten Juristen, der als Mitglied des Sicherheitsdienstes an verschiedenenen Schauplätzen des 2. Weltkrieges am verbrecherischen Vernichtungswerk der Nationalsozialisten beteiligt ist. Man ist entsetzt, macht sich aber, sofern man ehrlich ist, gleichzeitig bewusst, dass man selber in jener Zeit nicht davor gefeit gewesen wäre, selbst so zu werden wie jene, die etwa in der Waffen-SS gekämpft haben oder im Sicherheitsdienst Zigtausende hingerichtet haben. Wir verurteilen die Hunderte, Tausende, die für den Genozid verantwortlich waren und müssen aber auch für die Gnade der späteren Geburt dankbar sein, dafür, nicht Opfer, aber auch nicht Täter geworden zu sein. Darüber habe ich schon vor diesem Buch oft nachgedacht, diese Gedanken jedoch im Kontext mit den Schilderungen der Verbrechen in gedruckter Form zu lesen, kann einem manchen Schauer über den Rücken jagen.
Die ist in der Tat der beste Roman, den ich jemals gelesen habe.