Verpasste Gelegenheiten

[DocFederfeld]

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Nicht-gesehene Konzerte aus den 60ern und 70ern ärgern mich heutzutage eigentlich nicht mehr - ich habe sie ja nicht "verpasst", sondern war einfach noch zu jung. Ich ärgere mich ja auch nicht darüber, Rilke oder Chaplin nicht kennengelernt zu haben

Wirklich verpasst habe ich dagegen die letzte Tour von Grateful Dead in Deutschland. Am 22. Oktober 1990 haben sie in der Festhalle in Frankfurt gespielt und ich habe viel zu lange gewartet, um mir Tickets zu besorgen (damals war ich noch kein so großer Fan wie heute) - als ich dann schließlich bei "Tickets per Post" angerufen habe (damals gab es noch kein Internet - zur Erinnerung für die Youngster), war es zu spät.

Außerdem wurmt es mich, daß ich 1988 Metallica mit Queenryche als Vorband in Saarbrücken verpasst habe (aber beide habe ich zwei Jahre später live gesehen).

Ein wenig ärgere ich mich, daß ich mir Pink Floyd nicht 1994 angesehen habe, aber das war damals eine bewusste Entscheidung - ich hatte keine große Lust auf Stadionkonzerte und mag bis heute die "Divison Bell" nicht sonderlich. Da tröstet mich das Hallenkonzert von 1989 drüber hinweg.

Verpasst habe ich außerdem einiges in den Jahren zwischen 1995 und 2001 als ich in der Klinik gearbeitet habe - u.a. Phish, Genesis mit Wilson und zwei U2-Touren.

[SOON]

Wirklich verpasst habe ich dagegen die letzte Tour von Grateful Dead in Deutschland. Am 22. Oktober 1990 haben sie in der Festhalle in Frankfurt gespielt und ich habe viel zu lange gewartet, um mir Tickets zu besorgen (damals war ich noch kein so großer Fan wie heute) - als ich dann schließlich bei "Tickets per Post" angerufen habe (damals gab es noch kein Internet - zur Erinnerung für die Youngster), war es zu spät.

Ja, da wäre ich auch gerne dabei gewesen aber ich habe von dem Konzert schlicht und ergreifend nichts gewusst.
So sind mir, in der prä-Internet-Zeit etliche Konzerte entgangen die eigentlich, für mich, Pflicht gewesen wären.

[MelloKey]

Ich ärgere mich heute noch, dass ich letztes Jahr nicht zu Ricks Hampton Court Palace-Konzert konnte, da es sich mit einer Convention überschnitten hat. Das ist für mich bis heute die verpasste Gelegenheit überhaupt. Und es ärgert mich, dass ich Yes 2003 noch nicht kannte, da sie damals hier in Hannover in der klassischen Besetzung aufgetreten sind. Da wäre ich sowas von sofort dabei gewesen! Aber leider... kenne ich Yes erst seit 2008. Shit happens *sigh*.

[Topographic]

Bewusst verpasst habe ich nicht viel. Pink Floyds "The Wall" in Dortmund im Februar 1981 tut mir am meisten weh... Verzichten musste ich leider auch auf das Renaissance-Abschiedskonzert im London Astoria (2002) - Renaissance habe ich nie live gesehen - und die Led Zeppelin Reunion 2007 mit Squire / White / Emerson im Vorprogramm. Und in diesem Frühjahr ließ ich bei Natalie Merchants kurzer Deutschland-Tour die Ohren hängen - das war wirklich hart.

[Der Teemeister]

Eigentlich bin ich gar nicht am Leben. Ich bin eine einzige verpasste An-Gelegenheit.
Wartet, bis meine Autobiographie "Mein Leben im Tee" erscheint. Ihr werdet weinen,
zusammenbrechen, entsetzt bis zur Salzversäuerung werden über jeden einzelnen
Tag, von dem ich berichte ... Regisseure wollten mich ... Verlage wollten mich ...
Plattenfirmen - auch einmal Ariola - wollte(n) mich in hochrrangiger Position.
Der Firmenchef persönlich besuchte mich inkognito, und bot mir dann einen
Job als persönlicher Referent - Manager Jazz/Folk/Avantgarde in Nordfrankreich an.
Nö, bei meinen Katzen zu sein war mir lieber. Frauen wollten mich - heute bin ich hoffnungslos
allein - nicht einmal mehr Katzen. Bands wollten mich. Der Tod wollte mich, 7-8 mal schon.
Als Nichtschwimmer gekentert, im Wildwasser. TBC. Herzvorhofflimmern ...
Als Säugling unter dem Rad eines (gerade im Abfahren begriffenen) Busses gelegen.
Beinah den Weg des John Bonham gegangen - gerade noch von der Bank gefallen,
und endlich erbrochen - im letzten Moment. Falsches Narkotikum im OP bekommen,
wäre mein Tod gewesen, aber sie haben's gerade noch gemerkt ...
Suizidversuch mit Alkohol und Tranquilizern um 1980. 2 x Fahrspuren auf Autobahnen
im letzten Sekundenbruchteil gerade noch wechseln können ... Der Knast (wegen Konkurs des
CD-Ladens) wollte mich für einen Monat, aber ich entschied mich - nach einer Woche des
Überlegens - lieber zur Zahlung von 5000,- DM, die ich nicht hatte. Meine Überlegung war die,
einmal einen Monat ungestört meditieren zu können, und dabei das Geld zu sparen - sicher naiv.
Die Nationale Volksarmee wollte mich, aber ich war zu krank. SED und Stasi wollten mich,
(die wollten ja fast alle) verhörten mich, drangsalierten mich - aber ich war zu ich, und zu klug.
Die Freiheit wollte mich 1982 (an der griechisch/bulgarischen Grenze in Gestalt eines Transit-LKW's),
aber ich war zu feig ... die Freiheit wollte mich Sommer 1989 in Ungarn, aber ich war zu dumm.
Das Genesis-Konzert in Budapest 86, Peter Gabriel 87 wollten mich, aber ich bekam es nicht hin.
Das Genesis- Konzert am Reichstag 87 wollte ich wenigstens mauernah genießen, aber auch das
ging schief (für alle, die es versuchten).

An Konzerten verpasste ich nicht gänzlich alles, aber fast. Pink Floyd (Prag? Ach nö, keine Lust),
Mike Oldfield (lief neben der Bühne im Park umher, und wusste nicht einmal, von wem die herrliche Musik
da kommt - so 98, Guitars-Tour. Auf Arbeit lag meine Freikarte, aber der Typ, der sie mir geben sollte,
hat die Info + das gesamte Konzert vergessen, auch seine eigene Karte verfallen lassen - habe beide
immer noch unabgerissen bei mir) Neil Young (Ach nö, hatte zwar VIP-Karte, aber Young 1978 - sofort.
Hetzutage? Nö! , usw. Könnte heulen über des Teemisters Querköpfigkeit.

[SOON]

köstlich geschrieben.
Für den betroffenen natürlich bittere Anekdoten.

[JJG]

@ T.-Master - die Entscheidung, nicht in den Transit-LKW einzusteigen, war richtig.
Ich glaube Du wärest im bulgarischen Knast gelandet, die Grenze dort war genauso
gesichert wie die, in deren Nähe ich lebte.
Sonst uneingeschränkte Zustimmung zu Frostis Anmerkung.

[Der Teemeister]

Der Frost kam von Soon

Jaaaa, der hatte einen Plan: Eine Plompenzange, mit dem er die Kiste öffnen und wieder
versiegeln wollte - ich sollte in den Laderaum, in einen Container mit Fisch im Eiswasser, das
wäre die einzige Chance, dass die Grenz-Hunde mich nicht riechen würden
(im doppelten Sinne also). Nun bin ich aber algerisch, - quatsch: allergisch gegen Fisch,
hasse Fisch, erbreche von Kindheit an schon beim Geruch. Ob die Bulgaren schon
diese Röntgen-Durchleuchter zu dieser Zeit hatten? Ich konnte mir auch nicht vorstellen,
ohne eine Drachme in Nordgriechenland zu stehen, und nach Athen in die Botschaft
pilgern zu müssen (wäre alles kein Problem gewesen). Ich hatte Angst, wußte, das dass
Überleben im bulgarischen Knast keine Selbstverständlichkeit gewesen ist, als Politischer.
Vorher hätte man mich noch durch einige Grenzdörfer geführt, am Brunnen festgebunden,
mit faulen Früchten beworfen, usw. - alles dokumentiert. Most of all: Meine Eltern und
Freunde nie wieder zu sehen, war mir unvorstellbar. Meine Mutter, die in den Westen
reisen durfte, sagte immer zu mir: "Teemeister, mit deiner unangepassten Querköpfigkeit,
- was denkst du, wie weit du im Westen kommen wirst?!". Ich nenne sie seither, und a
posteriori, für mich Frau Mutter-Prophetin ...

[JJG]

Viele Leute sind auch bis nach [wik]Achtopol[/wik] getrampt und wollten dann
irgendwie nachts übers Meer bis auf türkisches Gebiet ....

[Der Teemeister]

Viele Leute sind auch bis nach Achtopol getrampt und wollten dann
irgendwie nachts übers Meer bis auf türkisches Gebiet ....

Ja, ich auch. (Das mit dem TIR-Transit war bei Melnik). Nach Achtopol
sind wir mit dem "Raketa"-Schnellboot von Varna aus. Oder von Nessebar?
Aber da ging gar nichts ... Es ging die Mär, die Türken/Bulgaren hätten irgendwo
einen Tag der offenen Grenze, einmal im Jahr. Aber jeder wusste auch:
Die Bulgaren machen so sehr ernst, dass die ostdeutsche Grenztruppe dagegen
lammzahm ist. Wenn sie dich haben, und du überlebst, könnte es Jahre dauern,
ehe die auch nur die DDR-Behörden informieren, dass es dich noch gibt ...

[Aprilfrost]

Meine verpassten Gelegenheiten bestanden auch darin, jemals einen Schritt hinter den Eisernen Vorhang gemacht zu haben. Und dass, obwohl ich nur wenige Kilometer von der innerdeutschen Grenze entfernt gewohnt und gelebt habe. Und an der Grenze selbst bin ich oft gewesen. So kenne ich den Duft des Eintaktergemischs nur aus dem November/Dezember 1989, als Heerscharen von Trabis (und einige Wartburgs) in unsere Stadt einfielen und buchstäblich jeden Quadratmeter der Innenstadt beparkten.
Gut, dass ich Euch heute ohne jedes Hindernis besuchen kann oder könnte.