
Vom 25. Bis 28. September fand in der Hansestadt wieder das Reeperbahn Festival statt. Hierbei handelt es sich um ein internationales Musikfestival mit über 300 (!) Bands und Solokünstlern aus allen möglichen Ländern und allen nur denkbaren Musikrichtungen – von Rock, Pop und Alternative über Jazz, Folk und Blues bis hin zu Electronica, Hiphop, Weltmusik und vielem anderen mehr. Die Konzerte fanden an ca. 70 verschiedenen Locations – Kneipen, Bars, Clubs, Theater etc. – rund um den Hamburger Kiez statt. Neben der Musik gibt es ein buntes Rahmenprogramm aus Lesungen, Ausstellungen und vielem mehr, u. a. Shows mit den MTV-Legenden Ray Cokes und Steve Blame.
Dieses Jahr wollte ich mir das Spektakel mal wieder anschauen und war am Donnerstag- und Freitagabend zusammen mit einem Freund auf dem Kiez unterwegs.
300 verschiedene Acts – wie soll man da bloß auswählen? Die Namen der Bands und Künstler sagten mir fast alle gar nichts. Die einzigen mir bekannten waren die Hamburger Deutschrocker Kettcar (die Gerüchten zufolge auf dem Festival wohl das letzte Konzert ihrer Karriere spielen wollten), die Sängerin Birdy und der Schmalzbarde James Blunt. Die ersten beiden musste ich nicht unbedingt sehen, letzteren wollte ich mir auf gar keinen Fall antun :teufelgrins:. Somit blieben zahlreiche Unbekannte, aus denen es auszuwählen galt.
Auf der Website des Festivals (http://www.reeperbahnfestival.com) gab es zum Glück zu jedem Act eine recht ausführliche Beschreibung inkl. Youtube-Videos und links zu Hörproben. Die Tage vor dem Festival habe ich also recht viel Zeit damit verbracht, mich kreuz und quer zu hören. Schlussendlich habe ich über die zwei Tage verteilt insgesamt 12 verschiedene Acts angeschaut. Insgesamt war ich von den eizelnen Bands und Künstlern sowie von dem Festival derart begeistert, dass ich hier gerne etwas ausführlicher darüber berichten möchte.
Donnerstag, 26. September
Los ging es am Donnerstagabend am Spielbudenplatz mit der Schweizer Band Alvin Zealot. Das junge Quartett bot eine bunte, sehr gefällige Mischung aus Psychedlic, Pop, Folk und Indie mit einer Prise Experimental. Der Sänger fiel durch eine sehr angenehme Stimme auf. Ein wenig wie eine etwas rockigere Version von Snow Patrol. Leider gab es zu diesem Zeitpunkt nur ein kurzes, etwa halbstündiges Set. Ich hätte gerne mehr von der Band gehört. Zu späterer Stunde gab es noch ein längeres, etwa einstündiges Set, aber das überschnitt sich leider mit anderen Plänen von mir.
Jedenfalls war die Band ein sehr gelungener Auftakt. Ich werde mir bei Gelegenheit sicher nochmal ein paar Hörproben zu Gemüte führen.

[youtube]r0R_oS8X1Ls[/youtube]
[youtube]LLjpe_lfqWI[/youtube]
Gleich im Anschluss ging es weiter in der Pooca Bar. Das ist eine ziemlich kleine Location, d. h., wenn die Band drin ist, ist der Laden eigentlich voll. Trotzdem haben sich irgendwie noch ca. 80 Leute reingezwängt, um der Band Colours of Bubbles aus Litauen zu lauschen. Diese boten erdigen Country-Indie-Rock, tanzbar, treibend, ein bisschen wie Kings of Leon, etwas „Tarantino-Feeling“ inbegriffen. Die Enge in der Pooca-Bar und damit verbundene dichte, intime Konzertatmosphäre haben ihr übriges getan. Das ist nicht so wirklich meine Musikrichtung, für den Abend hat es aber Spaß gemacht.

[youtube]MLY8OUnUjZg[/youtube]
[youtube]Wqsvx9YRYmA[/youtube]
Danach gingen wir rüber zum Imperial Theater, wo wir auf eine endlos scheinende Schlange stießen, in dir wir uns einreihen mussten. Offenbar waren wir nicht die einzigen gewesen, die neugierig auf Ásgeir Trausti waren. Zum Glück konnten wir gerade noch zwei der letzten Sitzplätze ergattern. Wären wir ein paar Minuten später gekommen, hätten wir ein wahres Highlight (!) des Festivals verpasst. Der junge Mann ist (der Name deutet es schon an, ich weiß nicht genau wie man den ausspricht) ist Isländer und auch seine Musik kann man schon recht gut einfach mit dem Wort "isländisch" beschreiben, da sich Vergleiche zu z.B. Sigur Rós oder Björk schon aufdrängen. Ähnlichkeiten gibt es vor allem aber auch zu Bon Iver. Das wiederum liegt besonders an der samtweichen Stimme des Sängers, in die man sich am Liebsten wie in eine warme Decke einkuscheln möchte. Die Stimme trägt die Musik, die ansonsten mal von Gitarren und mal von Keyboards beherrscht wird (die Musiker wechselten von Song zu Song und spielten entweder gleich 4 Keyboards oder 4 Gitarren). Man kann das sicherlich auch einfach Singer/Songwriter nennen, manchmal ist es aber auch eher Electronica, Folk oder Indie-Pop. Auf jeden Fall Musik, die sich sehr gut auch mit geschlossenen Augen genießen lässt (auf der Bühne gibt es ohnehin nichts allzu Spannendes zu sehen). Die Texte sind mal auf englisch, mal auf isländisch. Auf jeden Fall eine ganz wunderbare Entdeckung und das vorläufige Highlight des Festivals. Das Album werde ich mir sicher zulegen!

https://soundcloud.com/asgeirmusic
[youtube]T6_a5zjBM0c[/youtube]
[youtube]weyENZESVL4[/youtube]
Wir blieben im Anschluss einfach an Ort und Stelle und konnten uns so Top-Plätze für den nachfolgenden Act sichern: die norwegische Band Highasakite (und jetzt, da ich das Wort tippe, weiß ich auch endlich, was das bedeutet und wie man das ausspricht: High As A Kite, also „hoch wie ein Drachen“ heißt das). Optisch haben die Jungs und Mädels jedenfalls schonmal was hergemacht. Die beiden Sängerinnen an Zither und Keyboard im weißen Kleid bzw. Gewand, der Drummer mit punkiger, farbenfroher Frisur und der Gitarrist/Bläser (was war das? Eine große Trompete, eine kleine Tuba?) mit überdimensioniertem Bart (ist ja derzeit wieder in) und prolligem weißen Unterhemd. Wie das Instrumentarium bereits erahnen lässt, handelt es sich bei der Musik auch um etwas ausgefalleneres. In der Tat fällt es auch hier schwer, die richtige Schublade zu finden. Irgendwie ist das schon Pop, aber auch Folk, vielleicht auch ein bisschen Jazz ab und an. Auf jeden Fall melodiös, kraftvoll, treibend und durchaus ungewöhnlich. Etwas schade empfanden wir, dass das Theater bestuhlt war, zu der Musik hätte man gerne etwas tanzen wollen. Das hätte die ohnehin schon gute Stimmung bei dem Auftritt wohl noch etwas mehr angefeuert. Für meinen Geschmack war das etwas zu sehr „Blumenkinder-Musik“, aber für diesen Abend war das eine weitere willkommene Abwechslung zu meinen „gewöhnlichen“ Hörgewohnheiten.

[youtube]7pwTmu2-YGU[/youtube]
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[youtube]iHA75w_BCbQ[/youtube]
Als nächstes ging es in die Fliegenden Bauten (eigentlich wollten wir zu Cayucas ins Clubheim vom FC St. Pauli, waren dafür aber zu spät dran). Dort spielten Klaas Heufer-Umlauf (ja, das ist der von Joko & Klaas, Cirkus Halligalli) und Wir-Sind-Helden-Gitarrist Mark Tavassol mit ihrer Band Gloria. Hamburger Deutschrock mit leichten Melodien und intelligent-witzigen Texten. Klaas ist sogar ein recht guter Sänger! Ein guter Entertainer, der sein Publikum unterhalten kann, ist er sowieso! Musikalisch hat die Band das Rad nicht gerade neu erfunden, präsentiert ihre Songs aber auf eine charmante und sympathische Art. Es muss ja nicht immer extravagant sein, manchmal schmeckt auch gute Hausmannskost. Und die wurde hier handwerklich sehr lecker dargebracht.

[youtube]uBnqHXiTEOI[/youtube]
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[youtube]cywvEWn208Y[/youtube]
Hiernach war uns zum Verschnaufen etwas ruhigeres, entspannenderes zumute. Genau das fanden wir im Jazz-Cafe in den Tanzenden Türmen, wo Sarah Ferri gleich auftreten wollte. Die Sängerin und Pianistin lässt sich wohl ganz gut als „jazzige Variante von Tori Amos“ beschreiben. Insgesamt wird da nichts Bahnbrechendes, wirklich Außergewöhnliches geboten. Aber die Dame hat eine sehr angenehme Stimme, bot mit ihrer Band (sie wurde begleitet durch einen Bassisten und einen Drummer)sympathischen Piano-Pop, Swing und Chanson und nach dem vorhergegangenen Konzertmarathon war das genau das richtige zum Ausklang!

[youtube]v4qRmo6LASM[/youtube]
Das war der Donnerstag. Was für ein Konzertabend! Hier erstmal Cut, der Freitag folgt im nächsten Posting!