“Close To The Edge” and “Magic Moments”
Vielen Dank an Topo für den ausführlichen Bericht, dann kann ich mich etwas kürzer fassen. Es war eine tolle, wenn auch weite Reise. Erst dachte ich auch, dass es verrückt sei, wegen ein paar Songs so weit zu fahren. Aber genau das macht es halt manchmal aus, Dinge zu tun, die man für ein paar erhabene Momente vollbringt.
Die Hauptmotivation war natürlich Jons Konzert, aber auch mit zwei netten Menschen auf so einen Trip zu gehen, neue Länder zu finden, wundervolle Orte zu besuchen waren die Gründe für diese Entscheidung. Und, es hat sich wirklich gelohnt. Auch wenn man hinterher wieder ein paar Tage braucht um zu regenerieren, alles zu ordnen und zu verarbeiten.
Am Freitagabend hatte ich nach dem Besuch des Olympiaparks ja schon mit Topo ein langes Gespräch über Gott und die Welt. Ich habe ihn natürlich kaum zu Wort kommen lassen …
Mit Topo und Melanie war die Fahrt natürlich auch sehr kurzweilig. Wir haben sicherlich ganz eigene Vorstellungen, Philosophien vom Leben oder andere Tagesabläufe (was mich betrifft), aber auch große Überschneidungen, was ja auch nicht verwunderlich ist. Weiter als bis in das Salzburger Land kam ich mit dem Auto in diese Richtung noch nicht, deshalb hat mich die Landschaft interessiert.
Für meine zwei Mitreisenden hatte ich noch meine Urlaubs-MP3 CDs im Player. Die Zufallswiedergabe war eingestellt und eine Songauswahl mit ruhigen Tracks.
Als wir in Devin, einem kleinen Ort in der Nähe von Bratislava ankamen, war ich gleich gefangen. Nicht nur von der Landschaft, auch von den Menschen.
Die Slowaken sind unheimlich nett, bescheiden und haben eine besondere Eigenschaft. Sie haben strahlende, helle Augen, die auf mich gewirkt haben. Während des ganzen Besuches habe ich nie gesehen, dass jemand sein Verhalten geändert hat, wenn anderssprachige Menschen in seiner Nähe standen.
Dann gab es diesen Felsen, vor dem selbst die Donau voller Ehrfurcht einen Bogen macht oder sich dieser von der Macht dieses gewaltigen Stromes nicht beeindrucken lässt. Devin war früher in unmittelbarer Nähe des eisernen Zaunes und wurde in der Zeit des kalten Krieges wohl nur vom Militär betreten. So hatte man einen optimalen Ort für solch eine Veranstaltung wie „Tribut To Freedom – Pocta Slobode“ gefunden.
Topo hatte für uns opulente Zimmer im besten Hotel am Platz gebucht (was auch sonst).
Die alte Ruine in der Nähe ist ein hervorragender Ort für Konzerte. Man hat einen wunderbaren Blick auf die Donauebene, nach Österreich und das Donauhügelland mit seinen malerischen Gebirgszügen, Wäldern, Flüssen oder Alt-Armen oder Alt-Wassern der Donau. Ein Ort zu dem man wiederkehren will.
Zu den Künstlern hat Topo schon einiges gesagt, sie sind in der Slowakei recht bekannt und werden von einigen Menschen auch als Ikonen angesehen. Marian Varga kam mir sehr zerbrechlich vor, sein Augenkontakt zum Publikum dauerte nur ca. 1 Sekunde, ich habe ihn noch nie live gesehen, kenne aber einige Songs seiner Bands (Collegium Musikum, Prudy).
Vladimir Merta hat mich beeindruckt. Er hat eine sehr eigenwillige Spielweise auf seiner 12saitigen Gitarre, die mich ein wenig an Pierre Benusan erinnert. Marta Kubisova wurde vom von vielen Leuten im Publikum gefeiert, meinen Geschmack aber nicht so getroffen hat.
Dann kam Jon und ich war natürlich besonders auf seine Verfassung und seine Stimme gespannt. Sein akustisches Set zeigte schon auf, das Jon wieder mehr singen will. Er sang sehr sauber und variierte einige der gesungenen Yes-Songs in den Lead-Melodien, was sich als sehr angenehm empfand. Passend zum Event gab es natürlich auch „Yours Is No Disgrace“, auf der Videoleinwand wurden Szenen gezeigt und es gab Landschaftsbilder, die von den Kameras eingespielt wurden. Die Burg im Hintergrund gab nun ihre Energie frei, Jons Stimme wirkte wie ein Katalysator. Er hat auch sein Gitarrenspiel verbessert. Seine Uni-Anschlagtechnik bei vielen Songs ist dezenter und akzentuierter geworden, die Saiten werden nicht mehr ganz so hart angeschlagen, als ich es auf den You-Tube-Videos von den letzten Konzertreihen gesehen habe.
Dann kam die Band, oder sollte man lieber Miniorchester sagen, auf die Bühne. Die übliche Quintett-Prog-Besetzung wurde durch einen zusätzlichen Keyboarder, Sänger und vier Streicher erweitert. Man merkte allen Musikern an, dass sie diese Songs lieben. Voller Inbrunst und Hingabe wurde intoniert, die Linien der anderen Musiker verfolgt und sich für das begeistere Publikum aufgeopfert. Jon mutierte wahlweise zum Sänger, zum Gitarristen, zum Dirigenten und Motor der Songs.
Höhepunkt, neben den vielen Songs die Topo schon angesprochen hat, war natürlich „Close To The Edge“. Nach Jons Krankheit hatte ich schon befürchtet diesen Song nie wieder aus seinem Munde und mit seiner Stimme zu hören. Allein wegen diesen 20 Minuten hat sich der Weg schon gelohnt. Interessant war das Arrangement, welches für diesen Song gewählt wurde. Die harten Gitarrenläufe wurden zugunsten der schwebenden Töne reduziert, Jons Stimme brauchte sich in den intensiven Parts nicht gegen die Bassläufe und die Toms durchsetzen, sie stand über ihnen. Der, für mich perfekteste Song der Rockgeschichte, brachte mir wohlige Schauer und vor dem inneren Auge eine kleine Rückkehr in die Zeit, als ich ihn erstmals hörte. Mit ihm kann man auf eine Reise gehen, nicht nur in topographischer Hinsicht, sondern auch was unsere Lebenszeit auf dieser Erde betrifft.
Das Album „Close To The Edge“ wurde übrigens auch in der damaligen CSSR veröffentlicht. Ich hab die LP nur ein einziges Mal auf einem Flohmarkt gesehen. Auf dem Plattencover war nicht der Originaltitel in Roger Deans Lettern abgedruckt, sondern die tschechische Übersetzung. Vielleicht gibt es ja irgendwo mal ein Bild von dieser Edition von Supraphon.
„Soon“ war dann ein würdevoller Abschluss für dieses Konzert. Ich kann nur hoffen, dass sich Jons Stimme weiter erholt und wir ihn mit Yes oder auch Solo noch oft erleben können. Er wird immer einen Platz in meinem Herzen haben. Vom Publikum gab es Beifallsstürme, Jon war sichtlich gerührt, er hat ihm gut getan.
Nach den Konzerten gab es noch ein Feuerwerk und nette Gespräche mit Melanie und Topo, dann übermannte mich aber die Müdigkeit. 5.30 Uhr wurde ich von den fleißigen Bauarbeitern geweckt, die eine Brücke zum Flussufer betonierten.
Der jungen Dame an der Rezeption konnte ich ein kleines Lächeln abringen, als ich sie nach dem besten Weg für einen kleinen Lauf am Donauufer fragte. Als ich dann beim Joggen hinauf zur Burg schaute, konnte ich noch Jons Stimme hören, die in den alten Mauern widerhallte.
Nach dem Frühstück fuhren wir drei Fans genau in den Stau hinein. Dennoch war es sehr kurzweilig für mich, weil wir interessante Gespräche über Yes und alle möglichen Dinge führten. Topo verstand es mit seinen gezielten Fragen mich trotz der Hitze immer wieder zu konzentrieren.