osthessen-news
17.04.14 - FULDA
Geliebt und umstritten: Kalle BECKER (60), "Vater" des Burg Herzberg-Festivals, tot

Der oft als "Vater des Burg Herzberg-Festivals" benannte Karl-Heinz "Kalle" Becker aus Fulda ist kürzlich im Alter von 60 Jahren verstorben. Das wurde am heutigen Gründonnerstag durch Mitteilungen von Freunden und eine Todesanzeige ("Karlchen ist in das Land des Regenbogens gereist") bekannt. Er hat über ein Jahrzehnt lang maßgeblich die Entwicklung dieses "Hippie-Festivals" in Osthessen mitgeprägt.
SchlagZeilen:
18.07.2011HERZBERGFESTIVAL: Barfuß im Matsch... - Veranstalter sind "glücklich"
31.07.2003Kalle Becker ...vereint Hippies auf Burg Herzberg
21.07.2002"Vater" von Deutschlands größtem Hippie-Festivals: Kalle BECKER
In einem Artikel über Ole Lukkoye wurde er von Kurt Mitzkatis in der "German Rock News" Ausgabe von 2000 als "letzter lebender Anarchist" betitelt. Herzberg war für Becker eine Art der besonderen Freiheit. Mit seinem "Herzberg Revival" 1991 ermöglichte er erstmals Menschen "seine Art der Anarchi für ein paar Tage zu leben".
"Freiheit, Gleichstellung ein Leben miteinander, gepaart mit guter Musik, bekannten Bands und dem Gefühl von Love and Peace erfüllte dank ihm wieder die Luft rund um die Burg Herzberg" heißt es in einem Nachruf. Er habe es geschafft, Namen wie Arthur Brown und Steppenwolf auf die Hessische Bühne zu bringen und so das das 70er-Jahre-Flair neu erwachen konnte. Viele Hippie Fans und nicht Fans fieberten teilweise das ganze Jahr auf den nächsten Herzberg Termin und immer war es "ein Wochenende voller Überaschungen" und jeder Besucher und Mitarbeiter könnte unzählige Geschichten erzählen.
Becker hatte ein "erfülltes und bewegtes Leben", er hat Menschen Freude bereitet, war aber oft auch umstritten in seinem Handeln und polarisierte. Er war ein Mensch mit Visionen und er wird - auch wenn er nicht mehr aktiv war in der Szene - eine große Lücke hinterlassen (ma) +++
21.07.02 - Herzberg
"Vater" von Deutschlands größtem Hippie-Festivals: Kalle BECKER
Vor zwei Jahren sollte endgültig Schluss mit lustig sein: Festival-Initiator Kalle Becker wollte definitiv nie wieder ein Open air Konzert auf Burg Herzberg im Kreis Hersfeld-Rotenburg veranstalten. Der Zenit war mit 30.000 friedlich vereinten Hippies auf den Wiesen um die Burgruine längst erreicht - und die nervliche Kapazität der Organisatoren auch.
Wenn sich seit vergangenem Mittwoch die knapp 2.000 Einheimischen von Breitenbach am Herzberg auf die Lawine von diesmal 50.000 Freaks aus ganz Deutschland einstellen, ist bewiesen: der Hippie schlechthin - und mit ihm das Burg Herzberg Festival lebt. Als "ganz normal durchgeknallt" beschreibt Kalle Becker seine Idee, 1990 auf der Burgruine ein bombastisches Open-Air-Festival auf die Beine zu stellen. In Zeiten seelenloser Publikumsabzocker und öder Massenangebote musste eine Alternative her. Ein ziemlich wahnwitziges Unterfangen, das wusste der Initiator selbst. Zehn Jahre später treffen sich jeden Juli immerhin Zehntausende unterhalb der Burg, um friedlich Live-Musik zu hören.
Schon 1969 war Burg Herzberg Treffpunkt für deutsche Beatbands. >Ungewöhnliche Klänge waberten da zu Tal<, erinnert die Festivalzeitung an die Anfänge. Ein Jahr später zog deutscher Krautrock auf dem Herzberg schon weitere Kreise. 1971 dann ein verregneter Juli und damit ein Megareinfall. Obendrein sollte bei einem Konzert ein Zuschauer von der hohen Burgmauer abgestürzt sein. >Dabei war es bloß ein Hund<, weist Kalle das böse Gerücht zurück. Aber das Festival war zunächst gestorben.
Der gelernte Industriekaufmann Kalle Becker hatte in Berlin Soziologie studiert, Häuser besetzt und die alternativen Lebenskonzepte gründlich verinnerlicht. Sein Doktorvater >verriet die Scene<, als er seine intimen Kenntnisse über die Hausbesetzer als eigene Forschungsarbeit veröffentlichte. Kalle kehrte 1981 desillusioniert in die Rhön zurück. Nach einer Buchhändlerlehre in Israel verkaufte er im Fuldaer Laden >Marleen< gebrauchte Schallplatten.Im September 1991 war es dann soweit. Bei herbstlicher Kühle und >vor einer erlesenen Schar von Besuchern< erscholl nach Jahren wieder Rock, Jazz und Blues auf der Burg. Neben bekannten regionalen Bands sorgte Champion Jack Dupree für den Erfolg des Wochenendes.
Typisch für das HerzbergfestivaL war von Beginn an der alternative Anspruch: Nicht der verhasste Konsumterror, sondern >Music, Love & Peace< bestimmte die Festivalatmosphäre. >Der Besucher in seiner unermesslichen Schönheit soll hier im Mittelpunkt stehen<, hieß das Postulat. Alle zwischen 1968 und ´75 angesagten Gruppen sollten auf dem Herzberg spielen. Guru Guru, Humble Pie, Louisiana Red, Chicken Shack, Amon Düül 2, John Mayall, Caravan und Eric Burdon, um nur einige der prominenten Akteure auf dem Herzberg zu nennen.
Darüber hinaus gab und gibt es auch einen politischen Anspruch der Macher, sich dezidiert gegen das Establishment zu äußern. So ging es 1996 gegen die Castortransporte, -im letzten Jahr protestierte das >Movement of the Hippies< gegen den Krieg auf dem Balkan,- die Aktion hieß medienwirksam >Wir zeigen diesem Krieg den Arsch<. Diesmal stehen zwei im Internet zu besichtigende Schweine >Emma Emmely< zur Bundestagswahl.(
www.think progressive.de).
Der Erfolg steigerte sich jährlich, aber Pannen blieben nicht aus. Einmal provozierte der freie Haschischverkauf und dessen Auswirkungen die Umgebung, ein anderes Mal mussten wegen Regen und Besuchermangel ('91 - das allererste) 2000 Bratwürste im Schlamm >beerdigt< werden. Ein Mädchen verschwand während eines Konzerts spurlos und wurde von der Bild-Zeitung in Riesenschlagzeilen vermisst gemeldet. Tatsächlich hatte sie sich nur mit einem Festivalfreund nach Griechenland verabschiedet.
Auch mit den Burgherren von Dörnberg gab es Ärger. Er habe einen von ihnen vor vier Jahren im Kampfanzug mit der Flinte bedroht, erzählt Kalle, denn die Festivalfreaks hatten ihre Notdurft in den umliegenden Wäldern des Adeligen verrichtet.Überhaupt seien viele im Publikum leider ziemliche Schweine, beklagt der Festivalinitiator. Auf 960 Tonnen Restmüll seien die Organisatoren 1994 sitzen geblieben. Deshalb gibt es seitdem in Kooperation mit der Fachhochschule Fulda ein ausgeklügeltes Mülltrennungskonzept. Mit dem Eintritt erwirbt der Musikfan einen gelben und blauen Müllsack, für den gefüllten Sack bekommt Pfand zurück. Auf Einwegflaschen soll in Freakcity künftig ganz verzichtet werden. In diesem Jahr bitten die Veranstalter noch höflich darum.
Vom Aufhören ist jedenfalls nicht mehr die Rede: der Pachtvertrag für das Herzberggelände ist auf die nächsten zehn Jahre verlängert worden.+++
nixe meint:
Das ist alles schon lange her. Wie schon erwähnt, war ich das erste Mal 14994 zum Herzberg Festival, damals noch auf der Burg, die Autos parkten unter, klar! Aber bergauf, bergab - eine Tortour für mich, aber da mußte durch!!!
Zu dieser Zeit wurde noch Werbung in Erfurt auf der KrämerBrücke gemacht, sonst hätte ich nie davon erfahren!
Ich bekam, kostenlos, eine FestivalZeitung & zeigte sie meinen damaligen Kumpels, aber nix regte sich bei denen. Der Spruch des Tages war: Da kenn* ich keine Band davon!
Also mußte ich mal alleine losziehen, denn ich wollte zu Man, die mußte ich einfach mal live sehen! Nachdem ich mir das Ticket gekauft hatte, gab*s kein zurück!
Das erste Mal zum Burg Herzberg Festival, ohne Navi! Jedenfalls hatte ich mich auf letzter Strecke doch noch verfahren, also eine Stunde Verstätung: alles umsonst? NEIN! Das Festival hatte auch eine Stunde Verspätung! & ich habe Man erlebt, dokumentiert auf dem Offical live Bootleg:
http://www.discogs.com/viewimages?release=3799733
Außer 2000, wegen einer Kur & 2001, chronisch Pleite: Steuern, Versicherung, die letzte Rate & der TÜV; das schaft ein Harz IV Empfänger nicht!!!, war ich jedes Jahr dabei.
Aber ich erinnere mich lieber an Kalle*s Zeiten zurück:
Kein Limit für die Bands: Ich habe die MorgenRöte gesehen, so lange ging es! & ich habe Kalle persönlich kennengelernt, denn er ging auch zu seinen Hippies, was dieser Dödel von heute, bis jetzt noch nicht geschafft hat! Der ist KEIN Hippie!!!
to be continued!