1979
live Herald
Besetzung:
Steve Hillage Lead Guitar, Vocals
Miquette Giraudy Synthesizer, Vocals, Bells
Clive Bunker Drums (26.3.1977)
Colin Bass Bass, Vocals (26.3.1977)
Christian Boulé Glissando and Rhythm Guitar (26.3.1977, 7.8.1978)
Phil Hodge Keyboards (26.3.1977)
Basil Brooks Synthesizer, Sequencer, Flute (26.3.1977)
Andy Anderson Drums (25.5.1978, 7.8.1978)
John McKenzie Bass, Vocals (25.5.1978, 7.8.1978)
Joe Blocker Drums (3.11.1977)
Curtis Robertson Bass (3.11.1977)
Tracklist:
1. Salmon Song (26.03.1977) 7.40
2. The Dervish Riff (26.03.1977) 4.21
3. Castle In The Clouds / Hurdy Gurdy Man (26.03.1977) 7.05
4. Light In The Sky (25.05.1978) 5.17
5. Searching For The Spark (07.08.1978) 11.13
6. Electrick Gypsies (03.11.1977) 5.59
7. Radiom / Lunar Musick Suite / Meditation Of The Dragon (26.03.1977) 14.49
8. It's All Too Much / The Golden Vibe (25.05.1978) 7.45
9. Solar Musick Suite (Bonustitel der Remaster-Ausgabe, 26.03.1977) 14.37
Gesamtlaufzeit 78:46
Jürgen Gallitz-Duckar:
Steve Hillages Album von 1979 wurde auf CD zum reinen Livealbum. Im Original enthielt es noch eine Studioseite, die hier fehlt und dafür auf der "Open" CD als Bonus drangehängt wurde.
Space-Rock wird hier geboten. Niemals spielt Hillage hier so hart wie z.B. Hawkwind, aber auch nicht annähernd so schräg wie Gong. Vielleicht ein Einstiegsmenu für Neulinge, die aus vorgenannten Gründen sich noch nicht für diese Musikrichtung entscheiden konnten? Im einzelnen:
Der "Salmon Song" beginnt mit dezent schrägen Tönen, bei denen ich an Simon House' Violinenspiel denken musste. Kommt wohl aber vom Synthi und ist gut, atmosphärisch. Danach schön rockend ohne Extreme. Miquette Giraudy ist später beim Gesang zu hören. Das "Dervish Riff" kommt und ist für mich ein Höhepunkt. Ein bassiges Rockinstrumental mit wunderschön zirpenden Synths und eben riffender Gitarre. Hier höre ich Hawkwind light. Etwas muß ich auch an Steves "Om-Riff" denken, aber dazu später noch.
"Castle in the clouds" ist eine sanfte entspannte Spielerei, wie sein Titel andeutet. Wobei die Wolken überwiegen und die Burgmauern aus Watte gebaut sind. Fließender Übergang zu "Hurdy Gurdy Man", das Yes-ähnlich beginnt und sich dann recht schwach dahinzieht. Gegen Ende nimmt das Stück immer mehr Fahrt auf und wird wilder, aber so richtig gefällt's mir nicht. "Light in the sky" ist etwas härter rockend, hat nen seltsam platzierten Refrain - von Frau Giraudy gesungen - und wird im letzten Teil durch Giraudys spacigen Gesang immer mehr ein Gong-Titel. Gilli Smyth läßt hier grüßen. Wenn man sich an den Refrain gewöhnt hat, ganz ordentlich.
Ein weiterer Höhepunkt wartet mit "Searching for the spark". Wer sich schon mal gefragt hat, woher die Ozric Tentacles so ihre Inspirationen bekommen, wird hier fündig. Der Anfang ist Ozrics pur (oder sind die Ozrics da manchmal Hillage pur???). Steve steigt mit der Gitarre ein und zitiert diesesmal eindeutig das zerrende treibende "Glorious Om-Riff", eines seiner besten Stücke, das leider hier auf dem Album als komplettes Stück fehlt. In dessen Geiste aber steigert sich der Song immer mehr vorwärtstreibend in ein wildes Space-Gitarren-Solo hinein. Klasse.
Und was kommt nach 'nem Berg? Richtig, das Tal. Hier in Form von "Electrick gypsies". Leider hat der Song weder was Feuriges, das einen an die Sinti denken läßt, noch erhöre ich hier Jimi Hendrix alte Combo. Einfach nur fade und langweilig rockts so gar 6 Minuten dahin. Skip.
Nun geht's natürlich wieder nach oben auf den nächsten Gipfel, der da heißt: 'Radiom/Lunar Musick Suite/Meditation of the dragon". Und dieser Berg ist der höchste hier bei "Live Herald". Nicht nur ist er der Längste, hier stimmts einfach musikalisch. Die Einleitung "Radiom" (Gitarre-Synth) geht in die schon von "L" bekannte "Lunar Musick Suite" über. Spacig-mystischer Space-Rock mit ruhigeren Momenten und wieder dem zitierten "Om-Riff", wird diese Suite permanent umspült von anbrandenden Synthiewellen. Später fliesst der Song in ein sehr floydiges Solo des Meisters - dann wird es immer ruhiger auf der Bühne und wir lauschen plötzlich der "Drachenmeditation". Ein wunderschönes Gitarrensolo mit viel Luft zum Atmen. Die knapp 15 Minuten dieser Suite verfliegen so recht schnell und schön.
Wer oben ist muß wieder runter. "It's all too much" und "The Golden vibe". Bleiben wir beim ersten Titel, denn das triffts schon. Das ist jetzt Mitsing-Space-Rock und ganz nett, aber nach der Suite recht blaß und fad. Das wars dann auch schon mit dem Album.
Die CD wurde leider bei vier verschiedenen Konzerten aufgenommen. Bei dieser Art Musik finde ich es ausgesprochen störend, dass hier nicht ein einziges Konzert stattfindet oder die Übergänge zwischen den Stücken verschmolzen wurden. Wie wichtig das für den berühmten "Flow" sein kann, ist auf jedem Hawkwind Live-Album nachzuhören.
Wer Space-Rock schon kennt und mag, bekommt ein paar sehr schöne Ergänzungsstücke, aber kein Klasse-Livealbum. Wer diese Musikrichtung vor dem Hören noch nicht kannte, wird's vielleicht hernach auch gar nicht mehr wollen. Leider sind hier zu viele blasse Stücke drauf, die ich nicht als Genre-Highlight sehen kann. Wenn Hillage soliert und sich und der Band Raum für Atmosphäre schafft, wird es gut. Wenn er in den Song, in den Refrain etc. geht, leider banal. Vielleicht ist es kein Wunder, dass Steve Hillage heute mit System 7 lieber instrumentale Techno-Space Musik macht.
Die Verpackung ist wieder ganz Virgin-like "entschlackt". Das heißt ein einfallsloses Faltblatt mit Minimalangaben. Wenn ich die Fotos auf der Rückseite des "Booklets" so ansehe, denke ich mir das muß wohl mal ein schön aufgemachtes Klappcover Doppelalbum gewesen sein. Aber man kann ja remastern und den Fan nochmal zur Kasse bitten
Anspieltipp(s): The Dervish Riff, Searching for the spark, Radiom/Lunar Musick Suite/Meditation of the Dragon
Space-Rock light; leider kein Einstiegs-Menu in den Spacerock. Um Hillage kennenzulernen aber geeignet.
Jochen Rindfrey:
"Live Herald" finde ich hier doch etwas unterbewertet. Hillage bietet hier den für seine frühe Solophase typischen hippiesken Spacerock, teilweise mit Canterbury-Einflüssen. Zu Hillages eindrucksvoll zwirbelnden Gitarrensoli fiepen, ziepen und blubbern die Synthies beständig in bester Gong-Manier. Die Musik wird tatsächlich nie so hart und treibend wie bei Hawkwind, dafür ist sie verspielter und abwechslungsreicher.
Der Schwerpunkt des gebotenen Materials liegt auf dem 1976er Album "L", das besonders stark vom Hippie-Feeling durchsetzt ist. Von diesem sind hier gleich vier Titel drauf, die beiden Coverversionen "Hurdy Gurdy Man" (Donovan) und "It's All Too Much" (Beatles), außerdem "Lunar Musick Suite" und "Electric Gipsies".
Für mich ist "Live Herald" ein gelungener Überblick über die frühe (und beste) Phase von Steve Hillage, wobei es etwas schade ist, dass sein erstes (und bestes) Soloalbum "Fish Rising" hier nur mit einem Song vertreten ist. Der Klang ist leider ein wenig "mumpfig", ein Remastering würde der Musik gut tun.
Nachtrag: Nun habe ich mich also noch mal zur Kasse bitten lassen (siehe Jürgens Rezi), und ich kann sagen: die Remaster-Ausgabe lohnt sich! Der Klang ist deutlich klarer und transparenter als auf der mumpfig-dumpfen alten CD, dazu gibt es als Bonus noch 15 Minuten Solar Musick Suite. Davon war auf der alten Ausgabe nur ein Ausschnitt drauf, der dort The Dervish Riff betitelt war. Schließlich gibt es an Stelle eines eingelegten Faltblatts jetzt ein ausführliches Beiheft.
Der bessere Klang und der Bonustitel bescheren der Neuausgabe einen Punkt mehr. Hier lohnt der Umstieg.