Jo Halloo!!
Burg Herzberg Festival 2015
Zurück vom Burg Herzberg Festival.
Wir waren am Dienstag Nachmittag angereist, mit der Bahn, dem Bus und zuletzt dem Herzberg Shuttle. Unser Bus mit all' den schweren Klamotten, der auch unser Bandbus ist, kam Mittwoch nach.
So hatten wir die Gelegenheit ein schönes Plätzchen zu finden und tatsächlich; da es bis auf einen guten Guß nicht geregnet hat, war unser Platz wirklich sehr schön: Ganz am Rand des Campgeländes, leicht abseits der großen campenden Massen, unter schattigen Bäumen, direkt an einem Hang und mit Blick (durch die Bäume) auf die große Bühne und die Freakstage. So brauchten wir nicht zur Bühne um abzuschätzen, ob der jeweilige Act gute Musik bringt oder nicht so interessanten Muzak. Konnten im Schatten der hohen Bäume relaxen und hatten einen ausgezeichneten Sound! Und es war nicht weit zur Freak City und dem Festivalgelände.
Die Musik war etwas durchwachsen, im Grunde so wie immer. Nicht alles, was auf dem Herzberg spielt kann gefallen und so war es eigentlich auch schon immer. Durch die relativ große Bandbreite an Styles und auch Bekanntheitsgraden ist meistens auch Musik auf dem Festival vertreten, die manchmal schlicht nicht anturnt.
In diesem Jahr waren es allzuviele Bands, die im Rock-Blues, Bluesrock oder härterem Rock mit Blues Einflüssen angesiedelt sind. Das war für mich schon etwas öde irgendwann.
Aber ich schaue auch viel lieber auf die Höhepunkte dieses musikalischen Events mit Lifestylefeeling. Das Wort 'Lifestylefeeling' fiel mir eben während des Schreibens ein. Herzberg ist ja wie das 'Finki' oder bei uns in der Nähe das Zytanien Festival im Grunde ein Freakfest, wo sich viele Leute tummeln und wohlfühlen, die auch im Alltag den Style, die Ansichten, die Kleidung tragen wie auf dem Festival. Alternatives Denken. Anders als z.B. beim 'Wacken' Festival kommen zum Herzberg auch politische Gruppen mit Themenzelt. Auch die Hare Krishna Bewegung ist dort präsent. In diesem Jahr habe ich sie aber leider nicht gesehen. Oder die coolen 'Survival' Typen etwa, die in ihren großen Bussen mit selbstverschweißtem Geländer und Treppe auf's Busdach zum Fest kommen.
Natürlich sind's auch viele viele für's Wochenende bunt Angeplunderte, die sich ein nettes - wem will man es verdenken - Wochenende machen. Ich war wohl der Einzige auf dem Herzberg, der da mit einem coolen Trekkingstock herumspaziert ist. Und in meinen Lieblingshosen und Hemden. Ich gehöre ja eher zu den Leuten, die keinen Unterscheid machen, in der Wahl der Kleidung. Ich laufe Wochentags und zur Arbeit ebenso bunt herum wie auf dem Herzberg. Was mich auch mit einer leisen Zufriedenheit erfüllt, bin ich doch damit ganz eindeutig Einer, der sich nicht zum Festival als Hippie verkleidet, nein es gehört zu meinem 'Lifestylefeeling'!
Der Festival Opener war auch gleich einer der Höhepunkte des gesamten Festes. Im Licht des Nachmittags, 'Cocoo', auf traditionellem japanischem Trommeln basierende perkussive Kunstmusik mit technischer Klasse, anmutigster Performance und spiritueller Tiefe. Sieben zarte junge Frauen, fünf zarte junge Männer die mit zarten Ärmchen in Perfektion auf riesige Trommeln hämmern und ein Alter, der wohl ein Meister und Führer ist und das Didgeridoo und diverse Percussionsinstrumente spielt und auch mal traditionell anmutenden japanischen Gesang anstimmt.
'Cocoo' sind der Weltmusikhammer dieses Jahres.
Der nächste Höhepunkt für mich war dann, nach einer aggressiven Bluesrock Strapaze (Brant Björk &...), 'The Crazy World Of ARTHUR BROWN'!
Der Mann, lang über 70, hampelt und turnt in einer fidelen Weise über die Bühne, das es eine Freude ist! Mit bunter Gesichtsbemalung und einigen Masken und Verkleidungen ausgerüstet, bringt er einen, seinen recht leichtfüßigen, angenehmen Psychedelic/Prog/Space Mix. So hat er z.Bleistift während eines Keyboard Solos überraschenderweise dem Keyboarder den Synthie vom Ständer geklaut und ist damit abgezischt! Der Keyboarder hinterher, sein Solo weiterspielend (!), hatte Arthur ihn an der Angel, den Synth mal hierhin dorthin schwenkend, hooch und wieder runter! Der Keyboarder die ganze Zeit über 'dranhängend, sein Solo weiterspielend!
Mit angenehm intelligenten Texten, die er zum jeweiligen Anlaß spontan umdichtet, in diesem Fall in 'Fire' zum Herzberg und dem traditionellen Grasgenuß.
Das nächste Highlight war das 1:00 Uhr Nacht-Konzert von 'Anekdoten'! Es war dunkel, die Luft war frisch und wir hatten Stühle auf das Konzertgelände mitgenommen.
Endlich konnte ich diese Band mal live sehen und genießen, von der ich bisher nichts weiter kannte, als einen Track von einem Eclipsed Sampler, zum damals neuen 'Gravity' Album und das ist schon recht lange her.
Ich muss sagen, ich LIEBE Melotron. Ich bin seit den Tagen der Jugend in den Achtzigern ein großer Fan vom sagenhaften, verwunschen Klang des Melotron. So wie von den ganz frühen Genesis Alben bis 'Foxtrot'. 'Watcher Of The Skies' ist so ein Melotron-Klassiker.
So war es nicht verwunderlich, dass das Anekdoten Konzert ein großes Wohlgefühl in mir verbreitet hat. Melotron so laut, so live, das war schon Hammer!
Positiv anmerken möchte ich auch noch die gute dynamische Bühnenshow der Melotronistin von Anekdoten.

Sie hat, seitlich zur Bühnenfront sitzend, leicht vorn übergebeugt, wohl nicht ein einziges mal auf- und zum Publikum geschaut!
Dieser Donnerstag war der musikalisch reichhaltigste für mich, fantastisch.
Nachdem wiederum vor allem so eine gefühlte Omnipräsenz von bluesbeeinflusstem Rock und dazu ein paar uninteressante Acts eine musikalische Durststrecke erzeugten; in der wir uns natürlich anderweitig amüsierten; kam für mich der nächste Höhepunkt erst am Sonntag. Rainald Grebe war für ein paar von uns interessant, Winston McAnuff & Fixi fand' ich sehr angenehm, das war's aber auch schon so weit.
Praktisch den gesamten Freitag und Samstag war nicht eine einzige Band, die mir richtig gut gefallen hätte.
Hier die ganze Liste der Langweile: Beth Hart der Marke 'gähn pur', Brant Björk & etc. zu cool für mich, zu aggressiv, zu bluesig, Royal Southern Brotherhood mit immerhin ein paar 'Schwarzen' im schwarzen Südstaatenrock, gut geölt, unverbindlich, nix für mich; ebensowenig 'Chico Trujillo', so eine Art Mariacchi Wahnsinn mit 12 oder mehr Leuten auf der Bühne, nix für mein verträumtes Gemüt. Ganz nach unten in der 'Fühl' dich gut' Skala ging's für mich dann mit JJ Grey & Mofro, das ist so überhaupt nicht meine Welt.
Motorpsycho mochte ich auch vor allem in ihrer 'Panerothyme' Phase, die sind mir hier in der Nacht viel zu hart gewesen. Und zu traurig.
Dann Fairport Convention, die waren leider enttäuschend lahm und bieder und sogar hier war auf eine seltsame Art zuviel Blues im Spiel. Die Pretty Things ganz genauso, zu lahm, zuviel Blues und Rock. Los De Abajo wurden dann noch mal richtig unangenehm, klang zwischendurch vom Schlafsack aus, sogar nach Disco...schlimmer ging's nimmer!
Simeon Soulcharger, Wolvespirit, Sleeping Karma, Dark Shadows, Sienna Root, Baby Woodrose, alles Namen die ich durch die Eclipsed kenne; alles Namen die für uninteressante Musik stehen. Evtl. waren noch Space Debris etwas interessanter. So viele andere konnte ich nicht sehen; ein Mensch kann bei soviel Musik und soviel Aktivitäten keinesfalls jede Band, jeden Künstler mitnehmen. So kann ich natürlich auch nicht sagen, ob da noch was ganz tolles dabei war, auf der Freak- oder Mental Stage.
Insgesamt fiel mir diese 'Blues' n' Rock' n' Hard' Lastigkeit etwas unangenehm auf; etwas mehr Electronica hätte ich sehr gern gesehen; Trip Hop, Ambience auf der Hauptbühne.
Mehr Jazz im Rock.
Glücklicherweise kann man sich aber immer darauf verlassen, das kein Heavy Metal am Herzberg aufkreuzt. :dh:
Am Sonntag, dem letzten Tag des Fests, gab es einen richtig schönen Abschluß mit Guru Guru und Orange. Guru Guru, die von Manni Neumeier am Laufen gehalten wird - oder umgekehrt, Manni Neumeier, der von Guru Guru am Laufen gehalten wird, hat mit seinen über 70 Lenzen einen schönen Kraut/Psych/Prog Auftritt gebracht. Wie Mr. Brown ein erstaunlich fideler, wacher gut gelaunter alter Mann, ein Schlagzeuger, der - na gut - nicht mehr ganz so wild und dynamisch lostrommelt wie einst, dessen Performance aber top 'rüberkommt. Mit Verkleidungen, Gesang - er ist ja auch der Sänger - und schönem Humor ist es ein schönes Konzert, so wie man es von Guru Guru und den ausgezeichneten Musikern eigentlich gewohnt ist.
Zum Abschluß endlich wieder Kontraste. Orange mit ihrem Trommelwahnsinn/Technobeats Programm sind ein schöner Abschluß auf der Hauptbühne. Wir haben mitgewippt, mitgetanzt, im Stehen, gelacht und geredet, Fotosession gemacht, in unserem Lager, im Weinschwipps/Grashigh.
Insgesamt wieder ein schönes buntes Fest. Das Motto in diesem Jahr fand' ich ein wenig Gaga.
'Habt Euch Lieb'. 'Piep Piep Piep' oder wie!? Das könnte ruhig auch mal etwas politischer oder vor allem gesellschaftskritischer werden. Mehr offene Meinung, z.B. zur 'Kräuterzigarettenpolitik'. Was wäre eine Musik wie die von Yes, 'Fragile', 'Close To The Edge' ohne Kräuterzigaretten geworden. Wahrscheinlich garnix. All' die Bands, auch Brant Björk, machen doch Musik die 'im Qualm geboren' wurde und dazu einlädt ausgiebig zu qualmen.
>>>>Das Aufgebot an der Loreley läßt einem Progger schon noch das Herz etwas höher schlagen, Hackett etc., sogar Bühnenderwisch Neal Morse und Mike Portnoy sind da spontan aufgetreten! Allerdings war das Amphitheater ein etwas anstrengender Ort, zumindest am ersten zu heißen Tag, wie meine Bekannte verlauten ließ. Deutlich kleiner insgesamt das Konzertgelände, begrenzt durch das Amphitheater, war wohl auch der Service eher schlecht: Kein freies Wasser bei 38 Grad Hitze (so hörte ich)!
Ich werd' schauen, was das Herzensberger Programm im nächsten Jahr bietet aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, das der Herzberg wieder das Fest des Sommers wird!
Schon wegen des wirklich relaxten Flairs, absenter Gröler und Komasäufer, wegen der bunten Zelte und Themen; Foodwatch, Die Partei, Lesezelt, Peter Bursch, Kinderland, komische Stände, zB. so Second Hand Kleidungshaufen oder auch die 'Kein Mensch Ist Illegal' Leute.
Die Mischung macht's!
Liebe Grüße!
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