1971
Journey to the Centre of the Eye
Allgemeine Angaben:
Erscheinungsjahr: 1972
Besonderheiten/Stil: Konzeptalbum; Klassischer Prog; Psychedelic; Spacerock
Label: Bacillus - Bellaphon
Durchschnittswertung: 10.8/15 (5 Rezensionen)
Besetzung:
Allan Freeman organ, piano, keyboards, vocals, mellotron
Roye Albrighton guitar, vocals
Derek Moore bass, guitar, vocals, mellotron
Ron Howden percussion, drums
Tracklist:
Disc 1:
1. Part One:
1. Prelude 1:29
2. Astronauts Nightmare 6:31
3. Countenance 3:38
4. The Nine Lifeless Daughters Of The Sun 2:59
5. Warp Oversight 4:14
6. The Dream Nebula (Part 1) 2:18
2. Part Two:
1. The Dream Nebula (Part 2) 2:31
2. It's All In The Mind 3:26
3. Burn Out Your Eyes 7:54
4. Void Of Vision 2:06
5. Pupil Of The Eye 2:51
6. Look Inside Yourself 0:58
7. Death Of The Mind 1:51
Gesamtlaufzeit 42:46
Disc 2:
1. Journey to the Centre of the Eye - live 1971 (Bonus-CD, Purple-Pyramid-Reissue 2013) 46:23
Gesamtlaufzeit 46:23
von: Achim Breiling @ (Rezension 5 von 5)
Offenbar war es für britische Formationen der zweiten (oder dritten) Garnitur Ende der 60er Jahre eine durchaus lukrative Angelegenheit im Ausland aufzutreten. Bands von den Inseln (die meist britische Hitparadenware coverten) waren angesagt und zogen Publikum an, auch wenn diese Gruppen in ihrer Heimat so gut wie niemand kannte. Die Prophets aus Sheffield waren so eine Exportformation. So um das Jahr 1967 herum begaben sich diese nach Griechenland und wurden fast zu Stars. Der Prophets-Drummer Ron Howden soll dort sogar Vangelis Schlagzeug-Unterricht gegeben haben. Später, irgendwann im Jahre 1969, zog man nach Deutschland, um dann für einige Zeit im Star Club in Hamburg zu residieren. Gleich um die Ecke, im Top Ten Club, trat da gerade eine andere britische Exportband namens Rainbows auf, mit Roye Albrighton an der Gitarre.
Die Legende will es nun, dass Albrighton tagsüber durch St. Pauli schlenderte und am Star Club vorbeikam. Dort war gerade ein Schlagzeuger am üben. Howden von den Prophets. Albrighton schaute sich das eine Weile an, holte dann seine Gitarre und man begann zusammen zu jammen. Damit war der Grundstein von Nektar gelegt, denn wenig später starteten Howden, Allan Freeman und Derek Moore von den Prophets mit Albrighton von den Rainbows eine neue Band, für die man sich den Namen Nektar aussuchte. Die Rainbows benannten sich übrigens wenig später in Still Life um.
Die neue Band wollte nicht mehr die UK-Hitparade rauf und runter spielen, was natürlich mit einem weiteren Engagement in Hamburg nicht vereinbar war. Man hatte aber den Besitzer eines Musikclubs in Darmstadt kennen gelernt (der passenderweise "Underground" hieß - der Club, nicht der Besitzer), der die Band engagieren wollte. So kam es, dass es die Briten von Nektar an die Bergstrasse verschlug, wo man die nächsten paar Jahre hängen blieb. Wenig später nahm die Band in Dieter Dierks Studio in Stommeln ihr Debütalbum auf.
Wie man dem Beihefttext des gerade aktuellsten CD-Reissues entnehmen kann, stellt "Journey to the Centre of the Eye" die Vereinigung diversester individueller musikalischer Ideen der Bandmitglieder dar, die den Jahren zuvor entstanden waren. Dazu kamen Einflüsse seitens der Beatles, von Vanilla Fudge und auch von Karlheinz Stockhausen. Nun, offenbar hatten die Jungs von Nektar ein Stockhausenkonzert besucht (das vermutlich im Rahmen der Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik stattfand) und waren schwer beeindruckt. Und das, so Ron Howden, könnte man klar auf "Journey" hören. Na ja ... so ein paar "avantgardistische" Freispieleinlagen gibt es wohl, z.B. in "Warp Oversight".
Wie man in den Ausführungen meiner Vorschreiber nachlesen kann, lassen sich vielerlei Einflüsse in dieser Musik ausmachen, die frühen Floyd, The Nice, King Crimson, The Who, Deep Purple und The Moody Blues werden da genannt, West-Coast-Artiges, Krautrock und natürlich Spacig-Psychedelisches. All diese Einflüsse mögen vorhanden sein - und als krautiges Space-Psychedelik-Album würde auch ich "Journey to the Centre of the Eye" bezeichnen -, doch kreieren Nektar hier doch durchaus ihr eigenes Ding, aus protoprogressivem Georgel, härter rockenden bis filigran-spacigen Gitarren, dezentem Akustikgeklampfe, schwebeden Mellotronteppichen, viel Hall und psychedelisch-kosmischer Atmosphäre. Und das tun sie auf sehr überzeugende Art und Weise. Ich halte "Journey to the Centre of the Eye" jedenfalls für das beste, interessanteste und eigenständigste Album der Exilbriten.
"Journey to the Centre of the Eye" wurde schon einige Male auf CD wieder veröffentlicht. Das schon weiter oben erwähnte, 2013 erschienene Reissue von Purple Pyramid bietet neben dem remasterten Originalalbum noch eine Bonus-CD, auf dem ein Konzertmitschnitt des gesamten Albummaterials zu finden ist, aufgenommen am 13. November 1971 in der Bessunger Turnhalle in Darmstadt. Der Klang ist zwar nicht perfekt, nicht mal gut (das Ganze firmiert daher auch als "Offical Bootleg"), doch kann man das sehr gut hören und die Band hatte damals offensichtlich Spaß an ihrem Auftritt (das Publikum offenhörlich auch). Die Liveversion unterscheidet sich nicht sonderlich von der Studioausgabe, doch hat die Gruppe das Material sehr überzeugend und druckvoll auf die Bühne gebracht. Sehr nett - zumindest für den Fan!
Da die Eclectic-Discs-Version des Albums schon länger vergriffen ist, sollte man, so man "Journey to the Centre of the Eye" kennen lernen möchte - was ich nur jedem an Krautig-Spacig-Psychedelischem interessierten Progger empfehlen will - zur Purple-Pyramid-Version greifen.