Lift (dt.)-Eintrag im Leitfaden "Deutscher Prog der 70er Jahre"
Die aus Dresden stammende Band Lift formierte sich Anfang 1973 aus der Vorgängerformation Dresden-Sextett und zeigte sich anfangs vom schwarzen Blues beeinflusst. Eine dreiköpfige Bläserbesetzung rückte den Sound aber auch in Richtung des Jazzrocks der Marke Blood, Sweat & Tears. Doch begann sich bald das Personalkarussell zu drehen und bereits am Ende des Gründungsjahres trennten sich die jungen Sachsen von den Bläsern. Die Band begann einen eigenen Stil zu kreieren, der sich zusehends in Richtung des Artrocks entwickelte. Ohne eine Platte veröffentlicht zu haben, gelangen ihr mit Kompositionen wie "Soldat vom Don", "Mein Herz soll ein Wasser sein" und "Tochter Courage" erste kleinere Hits, die die Gruppe in der damaligen DDR zunehmend ins Gespräch brachten.
Im Jahr 1976 kristallisierte sich langsam die Formation heraus, die das Debüt mit dem hochklassigen Sänger Henry Pacholski aufnehmen sollte. Im Frühjahr 1977 hielten die Fans endlich das lang ersehnte, unbetitelte Erstlingswerk in den Händen, das fast durchweg überzeugen konnte. Die Mannen aus dem schönen Elbflorenz glänzten mit einer eindrucksvollen Mixtur aus einfühlsamen Liedern und von Pathos bestimmten Progsongs. Dabei wurde von Anfang an eine Verschmelzung von Text und Musik erreicht, die auch vor gefühlsbetonter Romantik keinen Halt machte, ohne dabei abgedroschen oder peinlich zu wirken. Die Grenze zum reinen Progressive Rock wurde zwar noch eher gestreift. Mit dem Longtrack "Ballade vom Stein" begaben sich Lift jedoch eindeutig in das Fahrwasser des progressiven Rocks britischer Prägung.
Nach diesem höchst erfreulichen ersten Tonträger legten die Dresdner 1978 mit "Meeresfahrt" ihr Meisterwerk vor, das sogar unter die wirklichen Highlights der ostdeutschen Rockmusik gezählt werden kann. Neben einigen romantischen bis mitreißenden Rocksongs, die eher schlicht gehalten sind, bietet das Album mit dem Longtrack "Tagesreise" und dem Titelstück "Meeresfahrt" Sternstunden des deutschen Progressive Rocks. Atemberaubende Instrumentalparts stehen dabei im Einklang mit dem Gespür für einprägsame Melodien, wodurch nachvollziehbare Songstrukturen erhalten bleiben. Im Verlauf des Titelsongs werden allerdings gängige Liedformen verlassen, und es entwickelt sich in hochklassigen Improvisationen eine wahrhaft elektrisierende Spannung.
Noch vor dem Veröffentlichungstermin des Albums schlug das Schicksal bei Lift unbarmherzig zu. Während einer Tournee durch Polen verunglückten Sänger Henry Pacholski und Bassist Gerhard Zachar bei einem Autounfall tödlich. Der zweite Keyboarder Michael Heubach wurde schwer verletzt. Dieses tragische Ereignis markierte zwangsläufig einen Wendepunkt in der Karriere von Lift. Die Zukunft der Formation stand zunächst in den Sternen. Mit dem Titel "Am Abend mancher Tage" wurde das Ereignis später musikalisch verarbeitet, was der Band 1980 ein Comeback ermöglichte. Schlagzeuger Werther Lohse hatte mittlerweile den Gesangspart übernommen. 1981 folgte mit "Spiegelbild" auch eine neue LP. Leider vermochten die neu formierten Lift aber nicht an die Klasse früherer Tage anzuknüpfen. Als letztes Lebenszeichen vor der Wende erschien 1987 das Album "Nach Hause".
Inzwischen ist die Band wieder aktiv, doch ist mit Sänger Werther Lohse nur noch ein Mitglied aus den glorreichen 70ern mit von der Partie. Zusammen mit Stern-Combo Meißen und Electra kam es zu zahlreichen Liveauftritten unter dem Markenzeichen "Sachsendreier".